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AKTION/452: Reaktionen und Erfolge, Juni/Juli 2009


amnesty journal 06/07/2009 - Das Magazin für die Menschenrechte

Reaktionen und Erfolge - Juni/Juli 2009

Ausgewählte Ereignisse vom 1. April bis 1. Mai 2009
USA - New Mexico sagt "Yes, we can"
Deutschland - Monika Lüke wird neue Generalsekretärin der deutschen Amnesty-Sektion
Peru - 25 Jahre Haft für Fujimori
Berlin - Asyl-Workshop mit Benno Fürmann
Demokratische Republik Kongo, Bahrain, Burundi - Aus der Haft entlassen

Ausgewählte Ereignisse
vom 1. April bis 1. Mai 2009

KOLUMBIEN

Amnesty International begrüßt die Verhaftung von sieben Soldaten der kolumbianischen Armee. Die Militärs werden beschuldigt, im vergangenen Dezember Edwin Legarda ermordet zu haben, der mit der Leiterin einer Indigenen-Organisation verheiratet war. Nach Einschätzung von Amnesty ist der Mord symptomatisch für die zunehmende Gewalt gegen Indigene durch die kolumbianischen Sicherheitskräfte.


REPUBLIK MOLDAU

Die moldauische Polizei ist Anfang April mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Hunderte von Demonstranten vorgegangen. Viele von ihnen wurden nach ihrer Festnahme in Haft misshandelt und gefoltert. Amnesty kritisiert das brutale Vorgehen der Polizei und fordert die verantwortlichen Behörden auf, die Vorfälle zu untersuchen und die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Nach den Parlamentswahlen, bei denen die seit acht Jahren regierende kommunistische Partei siegte, war es in der Hauptstadt Chisinau zu schweren Unruhen gekommen.


NEPAL

Amnesty International fordert die nepalesische Regierung auf, ihre vor einem Jahr gegebenen Versprechen zu halten und die rechtliche Situation der Frauen im Land zu verbessern. Opfer häuslicher Gewalt und sexueller Übergriffe werden in Nepal nach wie vor nur unzureichend medizinisch versorgt. In vielen Fällen verweigert die Polizei jede Unterstützung, und die Übergriffe werden weder untersucht noch geahndet. Die Frauen und ihre Unterstützer sehen sich oft weiterer Verfolgung ausgesetzt. Erst im Januar wurde Uma Sing, eine junge Journalistin und Frauenrechtlerin, ermordet.


GUINEA-BISSAU

Mehrere Menschenrechtler, die sich kritisch über das Militär geäußert haben, sind in den vergangenen Monaten von Militärangehörigen verhaftet, misshandelt und gefoltert worden. Der Vorsitzende der regierungsunabhängigen nationalen Menschenrechtsliga Luís Vaz Martins verurteilte die Übergriffe öffentlich und erhielt inzwischen Morddrohungen. Amnesty fordert die Regierung von Guinea-Bissau auf, die Vorfälle zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Außerdem müssen Maßnahmen zum Schutz der Liga ergriffen werden.


SUDAN

Der 71-jährige Ishaq Mohammed Sanousi und acht weitere vermutlich unschuldige Männer sind im Sudan wegen Mordes hingerichtet worden. Unter Folter hatten sie das Verbrechen gestanden, ihre Aussagen im Prozess jedoch geschlossen widerrufen. Das Gericht ignorierte dies und verhängte die Höchststrafe. Amnesty fordert die sudanesische Regierung dazu auf, die Todesstrafe unverzüglich abzuschaffen.


TAIWAN

Der taiwanesische Gesetzgeber hat zwei der wichtigsten internationalen Menschenrechtsabkommen ratifiziert: den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte. Zusätzlich wurde ein Gesetz verabschiedet, welches die Einrichtung eines Monitoring-Systems anordnet, das die Wahrung der Menschenrechte beobachten und auswerten soll. Amnesty begrüßt diesen wichtigen Schritt und wird gemeinsam mit anderen NGOs Vorschläge für das Monitoring erarbeiten.


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ERFOLGE UND REAKTIONEN

USA: New Mexico sagt "Yes, we can"

Es war nach eigener Aussage die "schwerste Entscheidung" in seinem politischen Leben: Am 18. März 2009 unterschrieb Gouverneur Bill Richardson ein Gesetz, mit dem die Todesstrafe in New Mexico abgeschafft wurde. Der im Südwesten der USA gelegene Staat ist damit der 15. von 50 Bundesstaaten, der die Todesstrafe nicht mehr anwendet. Die Höchststrafe ist nun lebenslange Haft ohne Möglichkeit zur Begnadigung.

"Angesichts der Realität, dass unser System für die Verhängung der Todesstrafe niemals perfekt sein kann, zwingt mich mein Gewissen, die Todesstrafe durch eine Lösung zu ersetzen, die die Sicherheit der Gesellschaft wahrt", so Richardson, der die Todesstrafe jahrelang befürwortet hatte. Er traue dem aktuellen Justizsystem nicht zu, in letzter Instanz über Leben und Tod entscheiden zu können: "In den letzten zehn Jahren sind in den Vereinigten Staaten über 130 Todestraktinsassen für unschuldig befunden worden, darunter vier Menschen aus New Mexico - über diese Tatsache kann ich nicht hinwegsehen."

Seit Wiederzulassung der Todesstrafe 1976 sind in den USA fast 1.160 Hinrichtungen vorgenommen worden, 20 bereits in diesem Jahr. Amnesty International begrüßt Richardsons Entscheidung und fordert die verbliebenen 35 Staaten auf, dem Beispiel New Mexicos zu folgen und die Todesstrafe abzuschaffen.


Deutschland: Monika Lüke wird neue Generalsekretärin der deutschen Amnesty-Sektion

Monika Lüke wird neue Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. Der Vorstand der deutschen Amnesty-Sektion hat die promovierte Völkerrechtlerin zur Nachfolgerin der scheidenden Generalsekretärin Barbara Lochbihler berufen. Monika Lüke wird die Leitung des Sekretariats der weltweit viertgrößten Sektion von Amnesty in Berlin im Juli 2009 übernehmen. Die 1961 gegründete internationale Menschenrechtsorganisation hat in Deutschland rund 700 Gruppen und 100.000 Unterstützer. Monika Lüke war zuvor für die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (gtz) tätig, für die sie seit 2008 in Asien Projekte im Menschenrechtsbereich verantwortete. Bevor sie 2005 zur gtz wechselte, vertrat und koordinierte die 40-Jährige in Berlin und Brüssel die Migrations- und Flüchtlingspolitik der Evangelischen Kirche in Deutschland.


Peru: 25 Jahre Haft für Fujimori

Als einen "Meilenstein im Kampf gegen die Straflosigkeit" begrüßt Amnesty International die Verurteilung des früheren peruanischen Präsidenten Alberto Fujimori wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen. Die "Sonderabteilung Strafrecht" des Obersten Gerichtshofes in Lima verurteilte ihn wegen zweier Massaker mit insgesamt 25 Toten und zwei Entführungen zu 25 Jahren Gefängnis. Die Richter entschieden einstimmig, dass Fujimori in diesen Fällen eine persönliche Schuld trage, da er die Befehlsgewalt über die ausführenden Organe von Militär und Geheimdienst hatte. Amnesty International war die einzige Menschenrechtsorganisation, die im Urteilsspruch des Gerichts genannt wurde. Sie hatte in mehreren Berichten nachgewiesen, dass unter Fujimoris Präsidentschaft systematisch Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen worden waren. "In Peru ist Gerechtigkeit geübt worden", kommentierte Javier Zúñiga, der Prozessbeobachter von Amnesty International. "Dies ist eine historische Stunde. Es kommt nicht jeden Tag vor, dass wir die Verurteilung eines ehemaligen Staatsoberhauptes aufgrund von Menschenrechtsverletzungen wie Folter, Entführung und gewaltsamen 'Verschwindenlassens' erleben. Wir hoffen, dass dieser Prozess der erste ist von vielen weiteren Prozessen dieser Art in Lateinamerika und der ganzen Welt."


Berlin: Asyl-Workshop mit Benno Fürmann

"Wer bestimmt in Deutschland, welcher Flüchtling hier bleiben darf?" Und: "Was ist, wenn ein Supermarkt die Brotmarken eines Asylbewerbers nicht als Zahlungsmittel akzeptiert?" Antworten auf diese und andere Fragen gab der Asyl-Workshop, den Schauspieler Benno Fürmann und Amnesty International zum Projekttag "Schule ohne Rassismus" am Hermann-Hesse-Gymnasium in Kreuzberg initiiert hatten. Der Schauspieler macht sich schon seit langem mit Amnesty für die Menschenrechte stark und engagiert sich an seiner ehemaligen Schule gegen Rassismus. Und das mit Erfolg, wie die positive Resonanz der Schülerinnen und Schüler zeigte. Von Amnesty-Expertin Wiebke Hennig erfuhren sie, warum Flüchtlinge den lebensgefährlichen Weg nach Europa auf sich nehmen, und wie sich Amnesty für einen besseren Flüchtlingsschutz einsetzt. "Gemeinsam mit Amnesty versuchen wir, Jugendliche auf Probleme aufmerksam zu machen, die auf den ersten Blick fern von ihrem Alltag sind", so Fürmann. "Rassismus und speziell die Probleme, mit denen Flüchtlinge in Deutschland und anderswo konfrontiert werden, sind aber Themen, die unser ständiges Engagement fordern."


AUS DER HAFT ENTLASSEN

DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO

Der 70-jährige pensionierte Staatsbeamte Bernardin Mbandi ist am 14. März 2009 aus der Haft entlassen worden. Er war am 22. Januar 2009 in seinem Haus in Kinshasa von Angehörigen des nationalen Geheimdienstes "Agence Nationale de Renseignements" (ANR) festgenommen und inhaftiert worden. Die Gründe dafür blieben unklar, hatten aber möglicherweise mit politischen Rivalitäten in seiner Heimatprovinz Bandundu zu tun, in der er als ehemaliger ranghoher Regierungsbeamter immer noch großen Einfluss hat. Da Bernardin Mbandi an Asthma leidet und während seiner Haft keinen Kontakt zur Außenwelt hatte, bestand große Sorge um seine Gesundheit.

Seine Familie bedankt sich bei allen Mitgliedern und Unterstützern von Amnesty International, die sich mit Appellschreiben für seine Freilassung eingesetzt hatten.


BAHRAIN

Aufgrund einer Begnadigung des Königs haben die bahrainischen Behörden Mitte April alle 178 politischen Gefangenen freigelassen. Unter ihnen waren auch zwei bekannte Aktivisten der Shi'a-Opposition: Hassan Meshaima'a und Mohammad Moqdad. Beide mussten sich vor Gericht verantworten wegen "Anstiftung zum Putsch" und "Mitgliedschaft in einer verbotenen Organisation". Einige der Freigelassenen waren über 15 Monate inhaftiert gewesen. Anwälte und Menschenrechtsaktivisten berichteten, dass von ihnen Geständnisse durch Folter und andere Misshandlungen erpresst worden waren.


BURUNDI

Der gewaltlose politische Gefangene Alexis Sinduhije ist seit dem 11. März 2009 wieder in Freiheit. Die Anklage gegen ihn lautete auf "Beleidigung des Staatsoberhaupts", da er die Entwicklungspolitik des Präsidenten kritisiert hatte. Auf Beschluss des Oberen Gerichts wurde die Anklage fallengelassen. Alexis Sinduhije ist Journalist und Vorsitzender der Oppositionspartei "Mouvement pour la Sécurité et la Démocratie". Er war am 3. November 2008 bei einer Parteiversammlung festgenommen worden.


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Quelle:
amnesty journal, Juni/Juli 2009, S. 6-8
Herausgeber: amnesty international
Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V., 53108 Bonn
Telefon: 0228/98 37 30, E-Mail: info@amnesty.de
Redaktionanschrift: Amnesty International, Redaktion amnesty journal,
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Internet: www.amnesty.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juli 2009