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AKTION/436: Suchen ohne googeln (ai journal)


amnesty journal 06/07/2008 - Das Magazin für die Menschenrechte

Suchen ohne googeln
Jens Langpaap hat eine menschenrechtsfreundliche
Alternative zum Online-Giganten Google entwickelt.

Von Franziska Böhme


Auf den ersten Blick gleicht das ambitionierte Projekt der Amnesty-Gruppe Bergedorf dem Kampf Davids gegen Goliath. Auf Initiative ihres Gruppensprechers Jens Langpaap hat die Gruppe eine Suchmaschine entwickelt, die eine "menschenrechtsfreundliche" Alternative zu den Branchenriesen Google, Yahoo und MSN sein soll. Ausschlaggebend war die Beteiligung dieser Firmen an der Internetzensur in China. So brachte Google eine Version seiner Standardsuchmaschine auf dem chinesischen Markt heraus, die den Behörden das Zensieren der Suchergebnisse ermöglicht. Yahoo gab vertrauliche Nutzerdaten weiter, was im Fall des Regimekritikers Shi Tao zu dessen Festnahme im Jahr 2004 führte.

Als Langpaap von dieser "Riesensauerei" erfuhr, war für ihn klar, dass er diese Anbieter meiden würde. Er begab sich auf die Suche nach Alternativen. Fündig wurde er bei der Metasuchmaschine "Metager", auf der seine Suchmaschine beruht. Dabei werden mehrere kleine Suchmaschinen mit einer Suche abgefragt. Der 39-Jährige konfigurierte Metager so, dass Anbieter, die mit Google, Yahoo und MSN kooperieren, nicht mit einer Suche beauftragt werden. Abstriche bei der Qualität? Die gibt es laut Langpaap nicht. Die Ergebnisse glichen denen der großen Anbieter. Auch er sei überrascht gewesen über die gute Qualität der Suchergebnisse. Lediglich bei der Optik bedeute die Alternative eine Umstellung.

"Ein Denkzettel" soll die alternative Suchmaschine für die Online-Giganten sein. Der IT-Manager hofft, dass sie die Folgen ihres Handelns zu spüren bekommen. Es sei heuchlerisch, dass alle drei Firmen ein "offenes Internet für alle" und "zivilgesellschaftliches Engagement" als besonders wichtig bezeichnen. Es ist diese Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität, die der Hamburger kritisiert.

Ziel ist es nun, auch andere User für die alternative Suchmaschine zu begeistern. Dafür verlinkte er die Gruppen-Homepage mit der Suchmaschine und wirbt mit Beiträgen in Technik-Foren. Jeder müsse selbst über seinen Konsum entscheiden und sich dabei nicht von seiner Bequemlichkeit, sondern von Verantwortung leiten lassen. Oft schockiere ihn die Untätigkeit vieler Menschen. Er selbst hat, bis die Suchmaschine im März 2008 online gehen konnte, rund 200 Arbeitsstunden investiert. Sich selbst bezeichnet Langpaap als "realistischen Idealisten". Je mehr User er dazu bewegen kann, Goliath zu boykottieren, desto mehr überwiegt wohl der Realismus hinter seiner Idee.

Unterstützen auch Sie die alternative Suchmaschine:
http://www.sucheohnezensur.de


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Quelle:
amnesty journal, Juni/Juli 2008, S. 50
Herausgeber: amnesty international
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. August 2008