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AKTION/407: Urgent Action - China verschärft Maßnahmen gegen Menschenrechtsverteidiger


Pressemitteilung vom 12. Oktober 2007

China verschärft Maßnahmen gegen Menschenrechtsverteidiger


Am Montag (15. Oktober 2007) begann in Peking der 17. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas. Wie von amnesty international (ai) befürchtet, sind im Vorwege dieses innenpolitisch wichtigen Ereignisses zahlreiche Menschenrechtsverteidiger "verschwunden", gefoltert, inhaftiert oder unter Hausarrest gestellt worden - darunter mindestens vier Männer, die sich gegen Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit den Vorbereitungen für die Olympischen Sommerspiele 2008 engagieren.


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Provinz Heilongjiang
UA 240/07-1 ai-Index: ASA 17/048/2007 8. Oktober 2007 - bs
Weitere Informationen zu UA 240/07 (ASA 17/042/2007, 7. September 2007)

Drohende Folter und Misshandlung gewaltloser politischer Gefangener

VR China: Yang Chunlin, 52-jähriger Menschenrechtsverteidiger

Der Menschenrechtsverteidiger Yang Chunlin, der am 6. Juli dieses Jahres festgenommen worden war, ist nach Informationen von amnesty international auf der Heitong-Polizeiwache in Jiamusi (Provinz Heilongjiang) gefoltert worden. Da er auch nach über drei Monaten Haft keinen Kontakt zur Außenwelt hat, befürchtet amnesty international, dass er erneut misshandelt oder gefoltert werden könnte.

ai geht davon aus, dass Yang Chunlin unter anderem deshalb gefoltert worden ist, weil er sich geweigert hat, die ihm zur Last gelegte Straftat "Subversion gegen die Staatsmacht" zu gestehen. Dieser Straftat ist er beschuldigt, weil er sich an der Sammlung von Unterschriften für eine Petition mit der Forderung "Wir wollen Menschenrechte und keine Olympischen Spiele" beteiligt hatte. Zudem soll er Mitgefangene über die Menschenrechte informiert haben.

Yang Chunlin wurde offenbar einer in der VR China üblichen Foltermethode ausgesetzt: Seine Arme und Beine wurden ausgestreckt an die Pfosten einer Eisenliege gefesselt, so dass er sich nicht bewegen konnte. Er musste in dieser Position essen, trinken und seine Notdurft verrichten. Diese Haltung verursacht starke Schmerzen im gesamten Körper.

Yang Chunlin soll zwei Mal auf diese Weise gefoltert worden sein, einmal über einen Zeitraum von sechs Tagen im August und einen Tag lang im September 2007. Zudem musste er zusehen, wie andere Gefangene auf diese Weise gefoltert wurden, und dann deren Notdurft beseitigen.

Yang Chunlin engagierte sich vor seiner Festnahme für über 40.000 Bauern aus der Region, die eine Klage angestrengt hatten, weil die Behörden deren Land ohne angemessene Entschädigung konfisziert hatten. Bereits 2006 war der Bürgerrechtler vier Mal wegen seiner Unterstützung der Protestbewegung und wegen seiner Beteiligung an einem kollektiven Hungerstreik für den Pekinger Menschenrechtsanwalt Gao Zhisheng inhaftiert worden. Anfang dieses Jahres soll er die Kampagne mit der Parole "Wir wollen Menschenrechte und keine Olympischen Spiele" gestartet haben, um auf die Not der Bauern aufmerksam zu machen. Die Bauern haben den Eindruck, dass die Olympischen Spiele in Peking im kommenden Jahr dazu benutzt werden, um von schweren Menschenrechtsverletzungen wie der Konfiszierung ihres Ackerlands abzulenken. Andere Protest- und Menschenrechtsgruppen im Land haben sich inzwischen diesem Aufruf angeschlossen.


EMPFOHLENE AKTIONEN:

Schreiben Sie bitte weitere Telefaxe, E-Mails oder Luftpostbriefe, in denen Sie

sich angesichts der Berichte tief besorgt zeigen, denen zufolge Yang Chunlin in Polizeigewahrsam gefoltert worden ist;
die Behörden auffordern, sicherzustellen, dass er nicht mehr misshandelt oder gefoltert wird und sofort eine unabhängige Untersuchung der Foltervorwürfe eingeleitet wird;
an die Behörden appellieren, Yang Chunlin sofort und bedingungslos freizulassen, da er allein wegen der Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert worden ist;
fordern, dass er, solange er sich noch in Haft befindet, die erforderliche medizinische Versorgung erhält;
verlangen, dass er umgehend regelmäßigen und ungehinderten Zugang zu seiner Familie und einem Rechtsbeistand seiner Wahl erhält.


APPELLE AN:

Wen Jiabao Guojia Zongli,
Guowuyuan,
9 Xihuangcheng Genbeijie,
Beijingshi 100032,
VOLKSREPUBLIK CHINA

(Ministerpräsident, Herr Wen -
korrekte englische Anrede: Your Excellency)
Telefax: (00 86) 10-6596 1109;
(00 86) 10-6596 2260 (über das Außenministerium)

Wang Donghua Tingzhang,
Heilongjiangsheng Gong'anting,
145 Zhongshanlu,
Nangangqu,
Ha'erbinshi 150001,
Heilongjiangsheng,
VOLKSREPUBLIK CHINA

(Leiter der Abteilung für öffentliche Sicherheit
der Provinz Heilongjiang, Herr Wang -
korrekte englische Anrede: Dear Director)
E-Mail: hljga@163.com
Telefax: (00 86) 451-269 6218;
(00 86) 451-262 2132


KOPIEN AN:

Jiang Zhifang Juzhang,
Heilongjiangsheng,
Jiamusi Shi Gong'anju,
100 Baoweilu,
Jiamusishi 154002,
Heilongjiangsheng,
VOLKSREPUBLIK CHINA

(Leiter des Amtes für öffentliche Sicherheit
der Stadt Jiamusi, Herr Jiang -
korrekte englische Anrede: Dear Director)
Telefax: (00 86) 454-829 8012
Kanzlei der Botschaft der Volksrepublik China

S. E. Herrn Ma Canrong
Märkisches Ufer 54,
10179 Berlin
Telefax: 030-2758 8221
E-Mail: chinaemb_de@mfa.gov.cn oder
chinesischeBotschaft@debitel.net

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Chinesisch, Englisch oder Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 19. November 2007 keine Appelle mehr zu verschicken.


RECOMMENDED ACTION:

Please send appeals to arrive as quickly as possible, in Chinese, English or your own language:

expressing concern at reports that Yang Chunlin has been tortured in police custody;
calling on the authorities to intervene to stop the torture and ill-treatment of Yang Chunlin and order an independent, impartial investigation;
calling on them to release him immediately and unconditionally, as he has been detained solely for exercising his right to freedom of expression;
while he remains in custody, urging the authorities to guarantee that Yang Chunlin will have access to any medical treatment he may require;
calling on them to immediately allow him regular visits from his family and lawyers.

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UA 255/07 ai-Index: ASA 17/047/2007 4. Oktober 2007 - bs

Drohende Folter und Misshandlung
Drohendes unfaires Gerichtsverfahren
VR China: Ye Guoqiang, 47 Jahre
Ye Mingjun, 25 Jahre

Ye Mingjun und Ye Guoqiang sind von der Pekinger Polizei unter dem Verdacht der "Anstiftung zur Subversion" inhaftiert worden. Da sie keinen Kontakt zur Außenwelt haben, sind sie in Gefahr, misshandelt oder gefoltert zu werden. Ye Mingjun ist der Sohn, Ye Guoqiang der Bruder von Ye Guozhu, einem inhaftierten Menschenrechtler, der sich für das Recht auf angemessenes Wohnen einsetzt und nach Informationen von amnesty international in Haft geschlagen und gefoltert wurde.

Ye Mingjun wurde am 29. September 2007 von Polizisten des Pekinger Stadtbezirks Xuanwu gemeinsam mit seinem Vetter, dem Sohn von Ye Guoqiang, festgenommen. Die Polizisten brachten beide Männer zum Verhör auf die Polizeiwache. Während sein Vetter nach einigen Stunden freigelassen wurde, blieb Ye Mingjun in Gewahrsam. Seiner Familie teilte die Polizei mit, er werde wegen des Verdachts der "Anstiftung zur Subversion gegen die Staatsmacht" festgehalten. Ye Mingjun befindet sich in der Hafteinrichtung der Polizei des Stadtbezirks Xuanwu.

Ye Guoqiang protestierte am gleichen Tag mit einem Plakat im Daguanyuan-Park von Peking gegen die Zwangsräumungen, die dazu dienen, Häuser abreißen zu können, um Platz für Baumaßnahmen im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen im August 2008 zu schaffen. Er wurde dort von Polizisten des Bezirks Xuanwu festgenommen und an einen unbekannten Ort gebracht. Dann durchsuchten die Polizisten seine Wohnung und konfiszierten Dokumente und zwei Computer. Die Polizei teilte der Familie von Ye Guoqiang erst am 3. Oktober 2007 mit, dass er unter dem Verdacht der "Anstiftung zur Subversion gegen die Staatsgewalt" festgehalten werde. Über seinen Haftort gaben die Behörden keine Auskunft.

Im Jahr 2003 hatte die Pekinger Stadtverwaltung das Restaurant und die Wohnungen von Ye Guozhu und Ye Guoqiang abreißen lassen, um auf den Grundstücken Bauprojekte im Rahmen der Olympischen Spiele umzusetzen. Die Familien erhielten keinerlei Entschädigung und sahen sich deshalb veranlasst, auf das Schicksal aller Bewohner der Hauptstadt aufmerksam zu machen, die zur Räumung ihrer Wohnungen gezwungen wurden.

Der Menschenrechtler Ye Guozhu wurde im Dezember 2004 wegen des "Schürens von Streit und Unruhestiftung" zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, nachdem er die Genehmigung für eine Demonstration in Peking gegen Zwangsräumungen beantragt hatte. amnesty international liegen verlässliche Berichte vor, wonach Ye Guozhu Ende 2006 in Haft mit Elektroschlagstöcken verprügelt wurde. Auch 2005 war er im Rahmen "disziplinarischer Maßnahmen" geschlagen und gezwungen worden, über einen langen Zeitraum hinweg auf einem harten Stuhl aufrecht zu sitzen. Auch musste er Handschellen und Fußfesseln tragen. Während seiner Untersuchungshaft in der Hafteinrichtung der Polizei des Bezirks Dongcheng in Peking wurde er offenbar von Polizisten geschlagen und an den Armen an der Decke aufgehängt. Nach vorliegenden Informationen soll er sich in schlechter gesundheitlicher Verfassung befinden, teilweise aufgrund der Misshandlungen und Folterungen. amnesty international betrachtet Ye Guozhu als gewaltlosen politischen Gefangenen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN:

Die Bautätigkeit in Peking für die Olympischen Sommerspiele 2008 hat in der chinesischen Hauptstadt an Intensität weiter zugenommen. In mehreren Stadtteilen wurden Häuser abgerissen, um für neue Bauvorhaben Platz zu schaffen. Viele Häuser wurden zwangsgeräumt, ohne dass rechtsstaatliche Verfahren eingehalten wurden und die Bewohner angemessene Entschädigungszahlungen erhielten. Zwangsräumungen - also Räumungen, die ohne angemessene rechtliche Schutzmechanismen erfolgen - stellen einen Verstoß gegen die Menschenrechte dar, darunter das Recht auf angemessene Unterbringung, das im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte festgeschrieben ist zu dessen Vertragsstaaten die Volksrepublik China gehört.


EMPFOHLENE AKTIONEN:

Schreiben Sie bitte Telefaxe,
E-Mails oder Luftpostbriefe, in denen Sie

die chinesischen Behörden auffordern, Ye Mingjun und Ye Guoqiang sofort und bedingungslos freizulassen, sofern sie keiner erkennbar strafbaren Handlung angeklagt werden;
an die chinesischen Behörden appellieren, den Aufenthaltsort von Ye Guoqiang umgehend bekanntzugeben und sicherzustellen, dass er und Ye Mingjun Kontakt zu ihren Familien und Rechtsanwälten ihrer Wahl aufnehmen dürfen sowie die erforderliche medizinische Versorgung erhalten;
sich angesichts der Berichte besorgt zeigen, denen zufolge Menschenrechtler in China Opfer von Menschenrechtsverletzungen werden, obwohl zahlreiche Vertreter der chinesischen Behörden zugesagt haben, die Menschenrechtssituation werde sich im Vorfeld der Olympischen Spiele verbessern;
darlegen, dass das Vorgehen gegen Menschenrechtsverteidiger in China gegen Grundprinzipien der Olympischen Charta verstößt, die sich auf die Wahrung der Menschenwürde sowie die Respektierung universeller und grundlegender ethischer Prinzipien beziehen.


APPELLE AN:

Wen Jiabao Guojia Zongli,
The State Council General Office,
2 Fuyoujie,
Xichengqu, Beijingshi 100017,
VOLKSREPUBLIK CHINA

(Ministerpräsident, Herr Wen -
korrekte englische Anrede: Your Excellency)
Telefax: (00 86) 10-6596 1109
E-Mail: gazette@mail.gov.cn
Zhou Yongkang Buzhang,
Gong'anbu,
14 Dongchang'anjie,
Beijingshi 100741,
VOLKSREPUBLIK CHINA

(Minister für öffentliche Sicherheit,
Herr Zhou - korrekte englische Anrede: Dear Minister)
Telefax: (00 86) 10-6309 9216


KOPIEN AN:

Ma Zhenchuan Juzhang,
Beijingshi Gong'anju,
9 Qianmen Dongdajie,
Dongchengqu,
Beijingshi 100740,
VOLKSREPUBLIK CHINA

(Leiter des Pekinger Amtes für öffentliche Sicherheit,
Herr Ma - korrekte englische Anrede: Dear Director)
Telefax: (00 86) 10-8522 2320
E-Mail: wbjc@sohu.com

Kanzlei der Botschaft der Volksrepublik China,
Märkisches Ufer 54,
10179 Berlin
(S. E. Herrn Ma Canrong)
Telefax: 030-2758 8221
E-Mail: chinaemb_de@mfa.gov.cn
chinesischeBotschaft@debitel.net

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Chinesisch, Englisch oder Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. November 2007 keine Appelle mehr zu verschicken.


RECOMMENDED ACTION:

Please send appeals to arrive as quickly as possible, in English or your own language:

urging the authorities to release Ye Mingjun and Ye Guoqiang immediately and unconditionally unless they are charged with a recognisably criminal offence;
urging the authorities to reveal where Ye Guoqiang is detained, and ensure that both he and Ye Mingjun have access to their family, lawyers of their own choosing and any medical treatment they may require;
expressing deep concern that reports of abuses against human rights activists in China run counter to commitments made by numerous Chinese officials that the human rights situation in China would improve in the run-up to the Olympic Games, and contravene core principles of the Olympic Charter relating to the preservation of human dignity and respect for universal, fundamental, ethical principles.

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UA 253/07 ai-Index: ASA 17/046/2007 3. Oktober 2007 - bs

Sorge um Sicherheit

VR China: Li Heping, Rechtsanwalt und Menschenrechtsverteidiger

Li Heping, ein in Peking ansässiger Rechtsanwalt, der sich für die Menschenrechte engagiert, ist am 29. September 2007 von einer Gruppe Unbekannter verschleppt und brutal verprügelt worden.

amnesty international befürchtet jedoch, dass er nach wie vor in großer Gefahr ist. Die Männer schlugen mit Elektroschlagstöcken auf Li Heping ein und forderten ihn auf, die Hauptstadt zu verlassen, da ihm andernfalls weitere Überfälle drohten. Der Anwalt wurde nach etwa acht Stunden in einem Waldgebiet außerhalb Pekings wieder freigelassen. Es gelang ihm, ein Taxi anzuhalten, aber als er zu Hause eintraf, stellte er fest, dass einige seiner Privatsachen, darunter auch seine Anwaltslizenz, gestohlen worden waren. Zudem hatten die Einbrecher seine Dateien gelöscht und den Computer unbrauchbar gemacht.

Die Gruppe von rund zwölf Männern in Zivilkleidung hatte Li Heping auf dem Parkplatz seiner Anwaltskanzlei abgefangen. Die Angreifer stülpten ihm eine Kapuze über den Kopf, zwängten ihn in ein Auto und fuhren ihn an einen unbekannten Ort. Er wurde im Keller eines Gebäudes festgehalten, wo man ihn zwang, sich bis auf die Unterwäsche auszuziehen. Dann schlugen die Männer mit Elektroschlagstöcken und Flaschen auf ihn ein.

Während der Misshandlungen sollen die Männer immer wieder geschrieen haben: "Verschwinde aus Peking, ansonsten werden wir dich jedes Mal zusammenschlagen, wenn wir dich sehen". Sie beschimpften ihn als Verbrecher und forderten ihn auf, seine Anwaltstätigkeit auf das erlaubte Maß zu beschränken. Zudem warnten sie ihn davor, jemanden über die Misshandlungen zu informieren.

Die Folgen der schweren Misshandlungen sind Blutergüsse im gesamten Gesicht, an Schultern, Händen und anderen Körperteilen. Zudem rissen die Männer Li Heping büschelweise Haare aus. Er leidet an starken Kopfschmerzen und Hörverlust auf einem Ohr. Nach dem Überfall veröffentlichte der Menschenrechtler eine persönliche Erklärung, in der er das Geschehen schilderte.

Einen Tag vor dem Überfall und dem Einbruch hatten Polizisten der Abteilung für nationale Sicherheit des Pekinger Amtes für öffentliche Sicherheit Li Heping mitgeteilt, er und seine Familie dürften sich während des bevorstehenden Parteikongresses der Kommunistischen Partei Chinas, der am 15. Oktober dieses Jahres beginnen soll, nicht in Peking aufhalten. Der Anwalt erklärte jedoch, er werde sich den Aufforderungen, "Peking zu verlassen", widersetzen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN:

Li Heping hat sich mit seiner Anwaltstätigkeit in politisch brisanten Fällen einen Namen gemacht. Zu seinen Mandanten gehörten unter anderem Christen, die wegen illegaler Aktivitäten in Hauskirchen festgenommen wurden, sowie Anhänger der spirituellen Vereinigung Falun Gong, mutmaßliche Opfer von Zwangsräumungen und unabhängige Schriftsteller. Darüber hinaus hat er den Dissidenten Yang Zili und den inhaftierten Umweltschützers Tan Kai verteidigt. Auch hat er sich bei den Behörden für seinen Rechtsanwaltskollegen Gao Zhisheng eingesetzt. Aufgrund dieser Tätigkeiten wird er immer wieder von der Polizei überwacht und in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt.

Während die chinesischen Behörden in den vergangenen Jahren zwar vereinzelt zivilgesellschaftliche Aktivitäten zugelassen haben, sind engagierte Bürger, die sich politisch brisanter Fälle annehmen und andere zu verstärktem Engagement bewegen wollen, nach wie vor Repressionen ausgesetzt. Die Verstöße gegen Menschenrechtsverteidiger eskalieren derzeit, weil die Behörden ihre Maßnahmen im Vorfeld der beiden Großereignisse - dem 17. Parteikongress der Kommunistischen Partei Chinas im Oktober 2007 und den Olympischen Spiele in Peking im August 2008 - weiter verschärfen. So sind mehrere Rechtsberater und Anwälte, die sich für die Menschenrechte engagieren, willkürlich festgenommen und misshandelt oder gefoltert worden. Einige sind inhaftiert worden, andere befinden sich unter strengem Hausarrest. Dieses Vorgehen steht in eklatantem Widerspruch zu den Zusicherungen der Behörden, die Menschenrechtslage werde sich im Vorfeld der Olympischen Spiele verbessern.


EMPFOHLENE AKTIONEN:

Schreiben Sie bitte Telefaxe, E-Mails oder Luftpostbriefe, in denen Sie

- die chinesischen Behörden auffordern, die Sicherheit von Li Heping zu garantieren; - die Behörden auffordern, umgehend eine unabhängige Untersuchung der Berichte einzuleiten, denen zufolge Li Heping von einer Gruppe Unbekannter willkürlich festgenommen, gefoltert und bedroht wurde, und fordern, dass die Untersuchung das Ziel verfolgt, die Täter zu ermitteln und vor Gericht zu stellen; - sich besorgt darüber äußern, dass der Rechtsanwalt bereits zuvor unter strenger Polizeiüberwachung stand, und fordern, dass alle Einschränkungen seiner Bewegungsfreiheit aufgehoben werden; - verlangen, dass Li Heping und alle anderen Menschenrechtsverteidiger in China ihren legitimen Aktivitäten nachgehen können, ohne dass sie willkürliche Inhaftierung, Misshandlungen, Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen fürchten müssen.



APPELLE AN:

Wen Jiabao Guojia Zongli,
The State Council General Office,
2 Fuyoujie,
Xichengqu,
Beijingshi 100017,
VOLKSREPUBLIK CHINA

(Ministerpräsident, Herr Wen -
korrekte englische Anrede: Your Excellency)
Telefax: (00 86) 10-6596 1109;
(00 86) 10-6596 2260 ("Please forward to...")
E-Mail: gazette@mail.gov.cn

Zhou Yongkang Buzhang,
Gong'anbu,
14 Dongchang'anjie,
Beijingshi 100741,
VOLKSREPUBLIK CHINA

(Minister für öffentliche Sicherheit,
Herr Zhou - korrekte englische Anrede: Dear Minister)
Telefax: (00 86) 10-6309 9216

Ma Zhenchuan Juzhang,
Beijingshi Gong'anju,
9 Qianmen Dongdajie,
Dongchengqu,
Beijingshi 100740,
VOLKSREPUBLIK CHINA

(Leiter des Pekinger Amtes für öffentliche Sicherheit,
Herr Ma - korrekte englische Anrede: Dear Director)
Telefax: (00 86) 10-8522 2320
E-Mail: 110@bjgaj.gov.cn


KOPIEN AN:

Kanzlei der Botschaft der Volksrepublik China,
Märkisches Ufer 54,
10179 Berlin

(S. E. Herrn Ma Canrong)
Telefax: 030-2758 8221
E-Mail: chinaemb_de@mfa.gov.cn
chinesischeBotschaft@debitel.net

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Chinesisch, Englisch oder Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 14. November 2007 keine Appelle mehr zu verschicken.


RECOMMENDED ACTION:

Please send appeals to arrive as quickly as possible, in English or your own language:

calling on the authorities to provide immediate guarantees for Li Heping's safety;
urging the authorities to launch a full, immediate and impartial investigation into reports that Li Heping was arbitrarily detained, tortured and threatened by a group around 12 unidentified men with a view to bringing all those responsible to justice;
expressing concern that Li Heping was already held under tight police surveillance and calling for all restrictions on his freedom of movement to be lifted;
urging the authorities to ensure that Li Heping and other human rights activists in China can carry out their peaceful and legitimate activities without fear of arbitrary detention, torture or ill-treatment, or other human rights violations.

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UA 252/07 ai-Index: ASA 17/045/2007 28. September 2007 - md

Sorge um Sicherheit / "Verschwindenlassen"
Mutmassliche Haft ohne Konatakt zur Aussenwelt

VR China: Gao Zhisheng,
43-jähriger Rechtsanwalt und Menschenrechtsverteidiger

Von dem Anwalt und Menschenrechtler Gao Zhisheng fehlt seit dem 22. September 2007 jede Spur. Alle Versuche seiner Familie, seinen Aufenthaltsort in Erfahrung zu bringen, waren bislang erfolglos. Nach Informationen von amnesty international wurde Gao Zhisheng von Angehörigen des Amtes für Staatssicherheit in Gewahrsam genommen. Die chinesischen Behörden haben jedoch bislang keine offizielle Stellungnahme zu seinem Verbleib abgegeben. amnesty international ist daher in großer Sorge um die Sicherheit des prominenten Rechtsanwalts und Menschenrechtsverteidigers. Nach Angaben des in Peking wohnenden Menschenrechtlers Qi Zhiyong erschienen am 22. September dieses Jahres etwa zehn Zivilbeamte und mehrere Polizeifahrzeuge vor dem Haus, in dem Gao Zhisheng mit seiner Familie wohnt. Laut Hu Jia, einem anderen Weggefährten von Gao Zhisheng, ist anzunehmen, dass er entweder von Beamten des Amtes für Staatssicherheit oder der Abteilung für nationale Sicherheit des Pekinger Amtes für öffentliche Sicherheit abgeführt wurde. Zeugen für eine Festnahme des Anwalts gibt es indes nicht. Gao Zhishengs Ehefrau, Geng He, hat mehrmals vergeblich versucht, ihren Mann telefonisch zu kontaktieren. Das deutet darauf hin, dass ihr der Kontakt zur Außenwelt verwehrt wird.

Der mutmaßliche Besuch der Vertreter der chinesischen Staatssicherheit bei Gao Zhisheng hängt möglicherweise mit einem offenen Brief des Anwalts an den US-Kongress vom 13. September 2007 zusammen. In dem Brief wies der Anwalt auf die sich verschlechternde Menschenrechtslage in der VR China hin und sprach sich gegen die Austragung der Olympischen Spiele in Peking aus. Drei Tage später, am 16. September 2007, durchkämmten mehrere Polizisten der Abteilung für nationale Sicherheit des Pekinger Amtes für öffentliche Sicherheit Gao Zhishengs Wohnung - ohne Vorankündigung. Zur selben Zeit wurde offenbar ein Ausschuss zur "Überwachung" gebildet, der sich aus Beamten des Amtes für öffentliche Sicherheit zusammensetzt, und sich mit dem Fall von Gao Zhisheng befassen sollt.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN:

Gao Zhisheng war im Dezember 2006 der "Anstiftung zur Subversion" wegen seines politischen Engagements schuldig gesprochen worden. Zu den ihm zur Last gelegten Aktivitäten gehörte der Aufruf zu einem Hungerstreik in Peking im Februar 2006, um auf das Schicksal mehrerer anderer Menschenrechtsverteidiger aufmerksam zu machen, die Opfer von Menschenrechtsverletzungen geworden waren. Auch hatte der Anwalt in einem offenen Brief die Wahrung des Rechts auf Religionsfreiheit gefordert und verlangt, dass die "barbarische" Verfolgung der spirituellen Bewegung "Falun Gong" beendet wird. Bereits zuvor hatten die Behörden seine Anwaltskanzlei geschlossen und ihm Ende 2005 die Anwaltslizenz entzogen. Das Gericht hatte die gegen ihn verhängte dreijährige Freiheitsstrafe allerdings für fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt - eine für die Rechtspraxis des Landes eher ungewöhnliche Maßnahme. Nach diesem Urteil hätte er nicht in Haft genommen werden dürfen, ohne dass eine Straftat während der Bewährungszeit vorlag.

Im April dieses Jahres gab Gao Zhisheng gegenüber anderen Menschenrechtlern an, während seines viermonatigen Gewahrsams 2006 von Polizisten misshandelt worden zu sein. So soll man ihn unter anderem gezwungen haben, über längere Zeiträume mit verschränkten Beinen oder auf einem Eisenstuhl sitzend zu verharren. Auch habe man ihn mit gleißenden Lichtquellen angestrahlt. Er sagte, er habe schließlich das "Vergehen" nur deswegen gestanden, um seine Familie zu schützen.


EMPFOHLENE AKTIONEN:

Schreiben Sie bitte Telefaxe, E-Mails oder Luftpostbriefe, in denen Sie

die chinesischen Behörden auffordern, den Aufenthaltsort des Anwalts Gao Zhisheng umgehend bekanntzugeben;
die Behörden auffordern, dafür Sorge zu tragen, dass er im Gewahrsam weder misshandelt noch gefoltert wird und Zugang zu seiner Familie, Rechtsanwälten und jeglicher erforderlichen medizinischen Versorgung erhält;
sich darüber besorgt zeigen, dass Gao Zhishengs Familienangehörige von der Polizei ständig observiert werden, und die sofortige Aufhebung aller Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit fordern;
verlangen, dass Menschenrechtsverteidiger in China ihren legitimen Aktivitäten nachgehen können, wie es die chinesische Verfassung und internationale Menschenrechtsnormen vorsehen, ohne dass sie willkürliche Inhaftierung, Misshandlungen, Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen fürchten müssen.


APPELLE AN:

Wen Jiabao Guojia Zongli,
The State Council General Office,
2 Fuyoujie, Xichengqu,
Beijingshi 100017,
VOLKSREPUBLIK CHINA

(Ministerpräsident, Herr Wen -
korrekte englische Anrede: Your Excellency)
Telefax: (00 86) 10-6596 1109;
(00 86) 10-6596 2260 ("Please forward to...")
E-Mail: gazette@mail.gov.cn

Zhou Yongkang Buzhang,
Gong'anbu,
14 Dongchang'anjie,
Beijingshi 100741,
VOLKSREPUBLIK CHINA

(Minister für öffentliche Sicherheit,
Herr Zhou - korrekte englische Anrede: Dear Minister)
Telefax: (00 86) 10-6309 9216

Ma Zhenchuan Juzhang,
Beijingshi Gong'anju,
9 Qianmen Dongdajie,
Dongchengqu,
Beijingshi 100740,
VOLKSREPUBLIK CHINA

(Leiter des Pekinger Amtes für öffentliche Sicherheit,
Herr Ma - korrekte englische Anrede: Dear Director)
Telefax: (00 86) 10-8522 2320
E-Mail: 110@bjgaj.gov.cn


KOPIEN AN:

Kanzlei der Botschaft der Volksrepublik China,
Märkisches Ufer 54,
10179 Berlin
(S. E. Herrn Ma Canrong)
Telefax: 030-2758 8221
E-Mail: chinaemb_de@mfa.gov.cn
chinesischeBotschaft@debitel.net

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Chinesisch, Englisch oder Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 9. November 2007 keine Appelle mehr zu verschicken.

RECOMMENDED ACTION:

Please send appeals to arrive as quickly as possible, in English or your own language:

calling on the authorities to reveal the whereabouts of Gao Zhisheng;
calling on the authorities to guarantee that Gao Zhisheng will not be tortured or ill-treated while he is in custody, and that he has access to lawyers, members of his family and any necessary medical treatment;
expressing concern that Gao Zhisheng's family members are under tight police surveillance and calling for all restrictions on their freedom of movement to be lifted;
urging the authorities to ensure that human rights defenders can carry out their peaceful and legitimate activities without fear of arbitrary detention, torture or ill-treatment, or other human rights violations.

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Quelle:
ai-Pressemitteilung vom 12. Oktober 2007
amnesty international, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Postfach 58 01 61, 10411 Berlin,
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330,
E-Mail: presse@amnesty.de,
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Oktober 2007