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AKTION/1810: Erfolge - August/September 2014 (amnesty journal)


amnesty journal 08/09/2014 - Das Magazin für die Menschenrechte

Erfolge

- Paraguay: Indigene Gemeinde erhält ihr Land zurück
- Sambia: Richtige Entscheidung aus falschen Gründen
- Ägypten: Journalist aus der Haft entlassen
- Belarus: Internationaler Druck wirkt
- Bahrain: Freispruch für Oppositionsführer
- China: Todesurteil aufgehoben
- Syrien: Entlassung nach Amnestie



Indigene Gemeinde erhält ihr Land zurück

PARAGUAY - Der paraguayische Präsident hat im Juni ein Gesetz in Kraft gesetzt, mit dem der indigenen Gemeinschaft der Sawhoyamaxa 14.404 Hektar des traditionell von ihr besiedelten Landes zurückgegeben werden. Im Gegenzug erhalten die Landbesitzer eine Entschädigung. Dies ist ein großer Erfolg für die Gemeinschaft, die seit mehr als zwei Jahrzehnten um ihr Gebiet kämpft. Das Gesetz war bereits von der Abgeordnetenkammer und dem Senat verabschiedet worden. Mit dem Erlass des Gesetzes hat der Präsident ein deutliches Zeichen gesetzt, dass der Staat Paraguay bereit ist, die Rechte der indigenen Völker zu respektieren und zu schützen. Die Sawhoyamaxa leben seit mehr als zwei Jahrzehnten unter schwierigen Bedingungen auf einem schmalen Streifen direkt an der Landstraße. Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte hat bereits in drei Fällen Urteile gefällt, denen zufolge Paraguay die Rechte der indigenen Völker hinsichtlich ihres angestammten Landes verletzt hat. Damit ist Paraguay der einzige Staat auf dem amerikanischen Kontinent, gegen den der Gerichtshof drei solche Urteile verhängt hat. Bereits 2006 hatte das Gericht die paraguayische Regierung angewiesen, der indigenen Gemeinschaft ihr angestammtes Gebiet zurückzugeben.


Richtige Entscheidung aus falschen Gründen

SAMBIA - Am 3. Juli sprach das Gericht der sambischen Stadt Kapiri Mposhi James Mwape und Philip Mubiana frei, die wegen einer sexuellen Beziehung "entgegen der natürlichen Ordnung" unter Anklage standen. Nach Auffassung des Gerichts konnten keine Beweise gegen die beiden Männer erbracht werden. James Mwape und Philip Mubiana saßen mehr als ein Jahr in Untersuchungshaft. Nach Paragraph 155 des sambischen Strafgesetzbuches begeht jede Person, die Geschlechtsverkehr "entgegen der natürlichen Ordnung" hat, eine Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren bis zu lebenslanger Haft geahndet wird. Sowohl James Mwape als auch Philip Mubiana wiesen die Anklagen zurück. Amnesty betrachtete beide Männer als gewaltlose politische Gefangene, die lediglich aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung festgenommen wurden. Neben der Veröffentlichung von Eilaktionen arbeitete Amnesty International mit sambischen Aktivistinnen und Aktivisten vor Ort zusammen, um die Gefangenen zu unterstützen und den Prozess zu beobachten. Amnesty setzte sich außerdem dafür ein, dass die sambischen Behörden die Anklage gegen die beiden Männer fallen lassen. Die Freilassung der Männer ist die richtige Entscheidung, jedoch erfolgte diese aus den falschen Gründen. Die sambischen Behörden müssen ihre Pflicht erfüllen, alle Menschenrechte zu respektieren und zu schützen und die Verfolgung von Personen aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität zu beenden.


EINSATZ MIT ERFOLG

Weltweit beteiligen sich Tausende Menschen mit Appellschreiben an den "Urgent Actions", den "Briefen gegen das Vergessen" und an Unterschriftenaktionen von Amnesty International. Dass dieser Einsatz drohende Menschenrechtsverletzungen verhindert und Menschen in Not hilft, zeigen diese Beispiele.


Journalist aus der Haft entlassen

ÄGYPTEN - Der Journalist Abdallah Elshamy, der beim arabischen Sender "Al Jazeera" arbeitet, ist am 17. Juni aus der Haft entlassen worden. Er war zehn Monate lang ohne Anklage inhaftiert. Der Staatsanwalt hatte die Freilassung des Journalisten aus gesundheitlichen Gründen angeordnet. Elshamys gesundheitlicher Zustand hatte sich nach einem Hungerstreik stark verschlechtert. Aus demselben Grund ordnete der Staatsanwalt auch die Entlassung von 23 weiteren Gefangenen an. Nach seiner Freilassung sah Abdallah Elshamy seine Familie wieder, die vor der Polizeiwache 1 in Nasr City auf ihn wartete. Er sagte Reportern, dass er all denen dankbar sei, die sich für seine Haftentlassung eingesetzt hatten. Der Journalist war im August 2013 bei der Räumung von Protestcamps der Anhänger des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi festgenommen worden.


Internationaler Druck wirkt

BELARUS - Der belarussische Menschenrechtsaktivist und Vorsitzende des Menschenrechtszentrums "Viasna" in Minsk, Ales Bialiatski, wurde am 21. Juni 2014 freigelassen. Er wurde im Rahmen einer Amnestie entlassen, nachdem er bereits drei Jahre seiner vierjährigen Gefängnisstrafe abgesessen hatte. Beim emotionalen Wiedersehen mit seiner Familie am Bahnhof von Minsk sagte er: "Die Entlassung kam völlig unerwartet. Ich war gerade dabei, meiner Gefängnisarbeit nachzugehen, da setzten sie mich in einen Zug nach Minsk. Ich bin überzeugt, dass meine Freilassung vor meinem Haftende durch nationalen und internationalen Druck bewirkt wurde." Amnesty hatte sich in mehreren Kampagnen für die Freilassung von Ales Bialiatski eingesetzt.


Freispruch für Oppositionsführer

BAHRAIN - Khalil al-Marzouq, ein führendes bahrainisches Oppositionsmitglied, ist vom Vorwurf der Anstiftung zur Gewalt freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft gab an, das Urteil und die Gründe für den Freispruch prüfen und möglicherweise Rechtsmittel einlegen zu wollen. Gegen Khalil al-Marzouq wurde am 17. September 2013 Anklage erhoben. Der Vorwurf der Anstiftung zur Gewalt stand in Verbindung mit einer regierungskritischen Rede, die er auf einer Kundgebung am 6. September gehalten hatte. Während der Veranstaltung kam ein maskierter Mann auf ihn zu und gab ihm eine weiße Fahne, die Khalil al-Marzouq kurz hochhielt und dann zur Seite legte. Die weiße Fahne wird als Symbol der Bewegung 14. Februar angesehen, eines Netzwerks von Jugendgruppen, das im März 2014 zu einer terroristischen Organisation erklärt wurde. Khalil al-Marzouq hat die Vorwürfe stets bestritten.


Todesurteil aufgehoben

CHINA - Der chinesische Oberste Volksgerichtshof hat am 23. Juni ein Wiederaufnahmeverfahren im Fall von Li Yan angeordnet. Sie war zum Tode verurteilt worden, weil sie ihren Ehemann nach monatelanger häuslicher Gewalt getötet hatte. Der Fall von Li Yan hatte starke nationale und internationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Frauenrechtlerinnen und Anwälte in China sowie internationale NGOs hatten eine Umwandlung des Todesurteils gefordert. Li Yan hatte ihren Ehemann Tan Yong Ende 2010 erschlagen. Er hatte sie seit ihrer Hochzeit Anfang 2009 körperlich und seelisch schwer misshandelt. Er schlug sie regelmäßig, drückte Zigaretten auf ihrem Gesicht aus und sperrte sie stundenlang bei eisiger Kälte leichtbekleidet auf dem Balkon der gemeinsamen Wohnung aus. In einem Fall schnitt er ihr einen Finger ab. Die Frau wandte sich mehrere Male an die Behörden. Es wurden jedoch keine Ermittlungen eingeleitet und sie erhielt keinen polizeilichen Schutz.


Entlassung nach Amnestie

SYRIEN - Yara Faris ist am 13. Juni aus der Haft entlassen worden. Grundlage dafür war eine Amnestie des syrischen Präsidenten vom 9. Juni. Sie war im vergangenen Dezember von Angehörigen des syrischen Staatssicherheitsdienstes festgenommen und im 'Adra-Gefängnis festgehalten worden, um vor das Antiterrorgericht gestellt zu werden. Laut einer Kontaktperson von Amnesty International vor Ort erreichte Yara Faris ihr Zuhause in Sahnaya, einem Vorort von Damaskus, am Tag ihrer Freilassung. Sie ist eine der wenigen politischen Gefangenen, von denen bislang bekannt ist, dass sie von der Amnestie profitiert haben. Die Kontaktperson dankte allen Menschen, die sich für Yara Faris eingesetzt haben. Alle ihr nahestehenden Personen wüssten diesen Einsatz sehr zu schätzen.

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Quelle:
amnesty journal, August/September 2014, S. 7+9
Herausgeber: amnesty international
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Telefon: 0228/98 37 30, E-Mail: info@amnesty.de
Redaktionsanschrift: Amnesty International, Redaktion amnesty journal,
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Internet: www.amnesty.de
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Dezember 2014


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