Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/1771: Urgent Action - Ägypten, Journalist nach Berichten über die Proteste inhaftiert


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-101/2014, AI-Index: MDE 12/022/2014, Datum: 28. April 2014 - dw

Ägypten
Journalist nach Berichten über die Proteste inhaftiert



Herr ABDALLAH ELSHAMY

Der Journalist Abdallah Elshamy ist seit mehr als acht Monaten ohne Anklage oder Verfahren in Ägypten inhaftiert. Er trat am 21. Januar in den Hungerstreik und sein Gesundheitszustand verschlechtert sich nun zusehends. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der sich ausschließlich aufgrund seiner journalistischen Tätigkeit in Haft befindet.

Abdallah Elshamy wurde am 14. August 2013 bei einem Protest von Unterstützer_innen des gestürzten ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi festgenommen, der auf dem Rabaa al-Adawiya-Platz im Stadtteil Nasr City in Kairo stattfand. Der Journalist, der für den arabischen Sender Al Jazeera arbeitet, wollte gerade den Ort verlassen, da die Sicherheitskräfte zur Auflösung des Protests scharfe Munition gegen die Demonstrierenden einsetzten, als man ihn festnahm.

Ein Staatsanwalt verhörte Abdallah Elshamy zwei Tage später ohne die Anwesenheit eines Rechtbeistands und ordnete die Inhaftierung des Journalisten unter dem Vorwurf an, dass er einer verbotenen Gruppierung angehöre, Regierungsvertreter_innen angegriffen und nationale Institutionen niedergebrannt sowie deren Arbeit behindert habe.

Berichten zufolge schlugen die Sicherheitskräfte Abdallah Elshamy nach seiner Festnahme auf dem Weg zwischen der Polizeistation und verschiedenen Gefängnissen. Er befindet sich derzeit im Tora-Istiqbal-Gefängnis, wo sich sein Gesundheitszustand aufgrund des Hungerstreiks verschlechtert hat. Abdallah Elshamy ist trotz eines Antrags seines Rechtsbeistands bisher nicht von einem Arzt behandelt worden. Die Gefängnisbehörden drohten Ende März, ihn in Einzelhaft zu verlegen, wenn er seinen Hungerstreik fortsetze, doch bislang ist die Drohung nicht umgesetzt worden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Abdallah Elshamy ist ägyptischer Staatsbürger und arbeitet für den arabischen Sender Al Jazeera. Er hatte hauptsächlich Berichte über Westafrika publiziert, bis Al Jazeera ihn am 30. Juni 2013 beauftragte, nach Kairo zu reisen, um über die Proteste gegen den damaligen Präsidenten Mohammed Mursi zu berichten. Amnesty International ist nicht bekannt, dass er sich an den Protesten oder an politischen Gewalttaten beteiligt hat. Während seines Aufenthalts in Ägypten seit dem 30. Juni 2013 arbeitete er als Journalist. Die einzigen Beweismittel, die gegen ihn vorgelegt wurden, sind seine Kamera, sein Pass und die ausländischen Zahlungsmittel, die ihm während seiner Festnahme von den Sicherheitskräften abgenommen worden waren.

Nachdem Mohammed Mursi am 3. Juli 2013 abgesetzt wurde, begann Abdallah Elshamy, über einen großflächigen Sitzstreik zu berichten, der von Unterstützer_innen des ehemaligen Präsidenten auf dem Rabaa al-Adawiya-Platz in Nasr City, Kairo, abgehalten wurde. Die Sicherheitskräfte setzten exzessive und unnötige tödliche Gewalt ein, um die Demonstration am 14. August aufzulösen, und töteten dabei Hunderte Menschen. Bei den darauffolgenden Ausschreitungen starben zudem acht Sicherheitskräfte.

Abdallah Elshamy wurde an einem Kontrollpunkt des Militärs in der Al-Tayaran-Straße verhaftet, als er das Gebiet verlassen wollte. Die Sicherheitskräfte hielten ihn mindestens zwei Stunden lang fest, befragten ihn zu seinen persönlichen Daten, seiner Nationalität und der Art seiner Arbeit. Anschließend brachten sie ihn zur Sherouk-Polizeiwache, wo sie ihn und andere Gefangene schlugen, und verhörten ihn zu den Gründen seines Aufenthalts auf dem Rabaa al-Adawiya-Platz.

Abdallah Elshamy wurde am 18. August in das Abu Zaabal-Militärgefängnis verlegt. Trotz der Sommerhitze wurden der Journalist und eine Reihe von Mitgefangenen zunächst mindestens zwei Stunden lang ohne Wasser in einem Polizeitransporter festgehalten. Die Sicherheitskräfte sollen Abdallah Elshamy und die Gefangenen geschlagen haben, als sie aus dem Wagen ausstiegen und fuhren mit den Schlägen fort, als sie in das Gefängnis gingen. Abdallah Elshamy wurde verhört und anschließend mit mehreren Mitgefangenen in eine Zelle gebracht. Dort schlug man ihn erneut und zwang ihn, die Zelle zu reinigen.

Drei Tage später wurde er in das Abu-Zaabal-Gefängnis II gebracht. Bei der Ankunft mussten er und weitere Gefangene erneut Schläge erdulden. Abdallah Elshamy wurde am 16. Dezember schließlich in das Tora-Istiqbal-Gefängnis verlegt.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte Sie eindringlich bitten, alle Anklagen gegen Abdallah Elshamy fallenzulassen und ihn umgehend und bedingungslos freizulassen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der sich ausschließlich wegen der friedlichen Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung in Haft befindet.
  • Ich fordere Sie auf, eine Untersuchung der Folter- und sonstigen Misshandlungsvorwürfe anzuordnen und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen.
  • Bitte gewähren Sie Abdallah Elshamy bis zu seiner Haftentlassung Zugang zu angemessener medizinischer Behandlung und sehen Sie davon ab, wegen seines Hungerstreiks Strafmaßnahmen gegen ihn zu ergreifen.

APPELLE AN

STAATSANWALT
Hesham Mohamed Zaki Barakat
Office of the Public Prosecutor
Supreme Court House, 1 "26 July" Road
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)
Fax: (00 202) 2 577 4716 oder
(00 202) 2 575 7165
(nur während der Bürozeiten, MESZ)

ÜBERGANGSPRÄSIDENT
Adly Mahmoud Mansour
Office of the President
Al Ittihadia Palace
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2 391 1441


KOPIEN AN

STELLVERTRETENDER BEAUFTRAGTER FÜR MENSCHENRECHTE IM AUSSENMINISTERIUM
Mahy Hassan Abdel Latif
Multilateral Affairs and International Security Affairs Ministry of
Foreign Affairs
Corniche al-Nil, Cairo, ÄGYPTEN
Fax: (00 202) 2 574 9713
E-Mail: Contact.Us@mfa.gov.eg

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Mohamed Abdelhamid Ibrahim Higazy
Stauffenbergstraße 6-7, 10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 9. Juni 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the Egyptian authorities to drop all charges against Abdallah Elshamy and release him immediately and unconditionally as he is a prisoner of conscience, detained solely for peacefully exercising his right to freedom of expression.
  • Calling on them to order investigations into the reports of torture and other ill-treatment and bring those responsible to justice.
  • Calling on them to give Abdallah Elshamy access to adequate medical treatment pending his release and refrain from taking any punitive measures against him for his hunger strike.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Seit dem 21. Januar befindet sich Abdallah Elshamy aus Protest gegen seine fortwährende Haft im Hungerstreik. Er trinkt Wasser, nimmt jedoch keine Nahrung zu sich. Sein Gewicht hat sich von 108 kg auf 73 kg reduziert und die Gefängnisbehörden erstellten erst nach 30 Tagen einen Bericht über seinen Hungerstreik. Solche Berichte gehören zum regulären Verfahren und werden erstellt, um die Gesundheit der Gefangenen zu überwachen und die Verschlechterung ihres Zustands zu beurteilen.

Der gesundheitliche Zustand von Abdallah Elshamy verschlechtert sich aufgrund seines Hungerstreiks in Haft. Sein Sehvermögen soll sich verschlechtern, er ist mindestens einmal ohnmächtig geworden und sein Blutdruck ist niedrig.

Die ägyptischen Behörden gehen weiterhin scharf gegen den Sender Al Jazeera und andere Medien vor, die als Unterstützer der Muslimbruderschaft und des entmachteten Präsidenten Mohamed Mursi angesehen werden. Drei weitere Al Jazeera-Journalisten wurden im Rahmen eines anderen Falles inhaftiert, ebenso wie fünf ägyptische Medienstudenten. Gegen sie alle lautet die Anklage, die Nachrichten verfälscht zu haben und mit der verbotenen Bewegung der Muslimbruderschaft, die Mohammed Mursi unterstützte, in Verbindung zu stehen.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-101/2014, AI-Index: MDE 12/022/2014, Datum: 28. April 2014 - dw
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Mai 2014