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AKTION/1737: Erfolge - Februar/März 2014


amnesty journal 02/03/2014 - Das Magazin für die Menschenrechte

Erfolge

- "Signal für ganz Rumänien"
- Südkorea liefert kein Tränengas mehr an Bahrain
- Saudi-Arabien: Drohende Hinrichtung gestoppt
- USA: Deserteurin wieder in Freiheit
- Jemen: Aktivist auf freiem Fuß
- Sudan: Sittlichkeitsverfahren eingestellt
- Bahrain: Minderjährige gegen Kaution frei



"Signal für ganz Rumänien"

Seit drei Jahren leben sie am Rande einer Müllhalde: Im Dezember 2010 waren in der rumänischen Stadt Cluj-Napoca rund 300 Roma von den Behörden gezwungen worden, ihre Wohnungen zu verlassen und in eine Container-Anlage neben der städtischen Mülldeponie zu ziehen. Nun hat ein rumänisches Gericht entschieden, dass diese Zwangsumsiedlung illegal war. Die städtischen Behörden müssen die Betroffenen finanziell entschädigen und ihnen menschenwürdige Unterkünfte zur Verfügung stellen, befanden die Richter. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Amnesty begrüßte die Entscheidung. Die Menschenrechtsorganisation hatte sich seit drei Jahren für die Rechte der zwangsumgesiedelten Roma stark gemacht, weltweit appellierten mehr als 100.000 Amnesty-Aktivisten mit Briefen an die rumänischen Behörden. "Das Urteil sollte in ganz Rumänien als Signal verstanden werden: Es ist nicht hinnehmbar, dass Roma als Bürger zweiter Klasse behandelt werden", sagte Amnesty-Expertin Jezerca Tigani. Die zwangs­umgesiedelten Roma lebten vor ihrer Vertreibung mitten im Zentrum von Cluj-Napoca, einer der lebendigsten und bevölkerungsreichsten Städte Rumäniens. Manche Familien wohnten seit mehr als zwanzig Jahren in ihrem Viertel, sie hatten dort Zugang zu Arbeitsplätzen, öffentlichen Verkehrsmitteln, Schulen und Arztpraxen. Die Behörden hatten die Betroffenen im Voraus nicht über die Räumungspläne in Kenntnis gesetzt. Den Bewohnern blieb nur ein Tag, um ihr gesamtes Hab und Gut zu packen und auszuziehen. Die Mehrzahl der Familien wurde im Industriegebiet Pata Rât angesiedelt, das bekannt ist für die städtische Müllhalde und eine chemische Abfalldeponie. In den neuen Unterkünften leben bis zu elf Menschen auf 18 Quadratmetern, es gibt weder Gasanschlüsse noch warmes Wasser. Dreißig umgesiedelte Familien blieben obdachlos. Sie bauten sich schließlich Notunterkünfte aus Abfallmaterial.


Südkorea liefert kein Tränengas mehr an Bahrain

Auf Druck von Amnesty und anderen Menschenrechtsorganisationen hat Südkorea angekündigt, in Zukunft kein Tränengas mehr an den Golfstaat Bahrain zu liefern. "Die südkoreanischen Behörden sollten für diesen Schritt gelobt werden", sagte Brian Wood, Waffen- und Rüstungsexperte von Amnesty International. "Südkorea sendet damit ein klares Signal an die Machthaber Bahrains, dass die gewaltsame Unterdrückung der friedlichen Protestbewegung nicht hinnehmbar ist. Andere Staaten sollten Südkoreas Beispiel folgen." Seit rund drei Jahren gehen in dem autoritär regierten Königreich Bahrain Menschen auf die Straße, um für Freiheitsrechte, politische Mitbestimmung und bessere Lebensbedingungen zu demonstrieren. Die bahrainischen Sicherheitskräfte setzen routinemäßig Tränengas gegen die Protestierenden ein, dabei kam es bereits zu Todesfällen. Nach Informationen von Amnesty International liefern mindestens zehn Staaten Reizgase und andere Rüstungsgüter an Bahrain, unter anderem Belgien, Brasilien, Frankreich, Großbritannien, Spanien, Schweiz, die USA - und auch Deutschland.


EINSATZ MIT ERFOLG

Weltweit beteiligen sich Tausende Menschen mit Appellschreiben an den "Urgent Actions", den "Briefen gegen das Vergessen" und an Unterschriftenaktionen von Amnesty International. Dass dieser Einsatz drohende Menschenrechtsverletzungen verhindert und Menschen in Not hilft, zeigen diese Beispiele.


Saudi-Arabien: Drohende Hinrichtung gestoppt

Mabruk bin Ali al-Sai'ari sollte hingerichtet werden, doch nun darf er wieder hoffen: Der Oberste Gerichtshof Saudi-Arabiens stoppte am 16. Dezember 2013 die Hinrichtung des 41-Jährigen - drei Tage vor dem geplanten Exekutionstermin. Al-Sai'ari war am 14. Januar 2012 wegen Mordes an einem jemenitischen Staatsbürger zum Tode verurteilt worden. Amnesty hatte das Verfahren als unfair bezeichnet. Bis zum heutigen Tag beteuert al-Sai'ari seine Unschuld, obwohl er in Verhören geschlagen und mit Elektroschocks gefoltert wurde. Nachdem al-Sai'aris Anwälte gegen das Urteil Beschwerde eingelegt hatten, ordneten die höchsten Richter des Landes an, dass das Verfahren neu aufgerollt werden müsse. Al-Sai'ari hat seine Freude über die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs ausgedrückt und den Mitgliedern von Amnesty für ihren Einsatz gedankt.


USA: Deserteurin wieder in Freiheit

Weil sie nicht länger für ihr Vaterland töten wollte, landete Kimberly Rivera im Militärgefängnis. Am 12. Dezember 2013 haben die US-amerikanischen Behörden die ehemalige Soldatin vorzeitig aus der Haft entlassen. Kimberly Rivera befand sich seit September 2012 in Militärgewahrsam, nachdem sie wegen Fahnenflucht festgenommen worden war. Sie hatte als Obergefreite im Irak-Krieg gedient. Im Jahr 2007 war sie während eines Heimaturlaubs nach Kanada geflüchtet, um dort Asyl zu beantragen. Sie hatte den Entschluss gefasst, aus Gewissensgründen nicht länger am Irakkrieg oder an anderen bewaffneten US-Einsätzen teilnehmen zu wollen. In Kanada stellte sie einen Asylantrag, wurde jedoch im September 2012 in die USA abgeschoben, wo man ihr den Prozess machte. Im April 2013 verurteilte sie ein Militärgericht zu zehn Monaten Haft, zudem wurde sie unehrenhaft aus der Armee entlassen. 18 Tage bevor sie freikam, brachte Kimberly Rivera im Gefängnis ihr fünftes Kind zur Welt.


Jemen: Aktivist auf freiem Fuß

Der aus dem Süden des Jemen stammende politische Aktivist Khaled al-Junaidi ist am 27. November 2013 ohne Anklageerhebung freigelassen worden. Man hatte ihn seit dem 6. November nahezu ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten. Offenbar brachte ihn sein friedliches politisches Engagement ins Gefängnis. Während seiner Haft durfte er nur einmal für kurze Zeit einen Verwandten sehen; der Kontakt zu einem Rechtsbeistand wurde ihm gänzlich verwehrt. Khaled al-Junaidi war während seiner Haft in einer kleinen Zelle im Keller des al-Solban-Gefängnisses in Aden untergebracht, in der es weder eine Lüftung, noch eine Lichtquelle oder eine Toilette gab. Nachdem sich sein Gesundheitszustand drastisch verschlechtert hatte, wurde seiner Familie gestattet, ihn ins Krankenhaus zu bringen. Dort blieb er zwei Tage lang, um die aus der Haft resultierenden Gesundheitsbeschwerden behandeln zu lassen. Seither befindet er sich wieder bei seiner Familie.


Sudan: Sittlichkeitsverfahren eingestellt

Weil sie sich in der Öffentlichkeit geküsst haben sollen, mussten zwei sudanesische Menschenrechtsaktivisten Haft und Peitschenhiebe fürchten. Doch nun haben die Behörden die Anklage wegen "anstößigen Verhaltens" fallengelassen. Die Anwältin Najlaa Mohammed Ali und der Menschenrechtsverteidiger Amin Senada waren am 21. Oktober 2013 in Port Sudan, einer Stadt im Nordosten des Landes, von Sicherheitskräften festgenommen worden. Die bewaffneten Männer beschuldigten Amin Senada, seine Hand auf die Schulter von Najlaa Mohammed Ali gelegt zu haben. Auf der Polizeiwache behaupteten die Polizisten, die beiden Aktivisten beim Küssen "gestellt" zu haben. Amnesty geht davon aus, dass die Vorwürfe politisch motiviert waren. Am 2. Dezember stellten die zuständigen Richter das Verfahren aus Mangel an Beweisen ein.


Bahrain: Minderjährige gegen Kaution frei

Zwei 13-jährige Jungen sind in Bahrain am 26. Dezember 2013 nach rund drei Wochen Haft gegen Kaution freigelassen worden. Die Cousins Sayed Tameem Majed Ahmad Majed und Sayed Hashim Alwai Ahmad Majed müssen sich allerdings noch wegen "unerlaubter Versammlung" und wegen "Werfens von Molotowcocktails auf eine Polizeistreife" verantworten. Die beiden Jugendlichen waren am 7. Dezember in Bani Jamra, einem Dorf im Nordwesten des Landes, festgenommen und auf die Polizeiwache von al-Budaya in Manama gebracht worden. Beide Jungen sagten aus, sie seien während des Verhörs angeschrieen worden. Die Polizisten sollen Sayed Hashim zudem angedroht haben, seinen Kopf mit einer Zigarette zu verbrennen, sollte er den Vorwurf der "Unruhestiftung" nicht zugeben.

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Quelle:
amnesty journal, Februar/März 2014, S. 7 + 9
Herausgeber: amnesty international
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. April 2014