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AKTION/1603: Urgent Action - Syrien, Kurde vermutlich gefoltert


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-277/2013, AI-Index: MDE 24/055/2013, Datum: 4. Oktober 2013 - as

Syrien
Kurde vermutlich gefoltert



Herr JUWAN ABD RAHMAN KHALED, kurdischer Aktivist

Juwan Abd Rahman Khaled, ein Aktivist für die Rechte der kurdischen Minderheit in Syrien, wird seit seiner Festnahme am 3. September 2012 durch Personen, die mutmaßlich der syrischen Staatssicherheit angehörten, unter Bedingungen festgehalten, die den Tatbestand des Verschwindenlassens erfüllen. Es wird befürchtet, dass er gefoltert oder anderweitig misshandelt wurde.

Einer lokalen Kontaktperson zufolge wurde Juwan Abd Rahman Khaled, ein Angehöriger der kurdischen Minderheit in Syrien und Mitglied der Vereinigung junger Kurden in Syrien, zusammen mit einigen anderen Personen festgenommen. Die Festnahme erfolgte in den frühen Morgenstunden im Rahmen einer Razzia in seinem Viertel in Wadi al-Mashari'a im Nordwesten von Damaskus, vermutlich durch Angehörige der syrischen Staatssicherheit. Weder nannten die Sicherheitskräfte Gründe für seine Festnahme, noch informierten sie irgendjemanden darüber, wohin sie Juwan Abd Rahman Khaled bringen würden. Dieselbe Kontaktperson ließ Amnesty International auch wissen, dass seine Familie seither auf der Suche nach seinem Aufenthaltsort ist. Im Gefängnis 'Adra im Nordosten von Damaskus erhielten seine Angehörigen die Auskunft, dass Juwan Abd Rahman Khaled sich nicht unter den dortigen Häftlingen befände. Ein freigelassener Gefangener gab später an, er habe Juwan Abd Rahman Khaled in einer Einrichtung der Staatssicherheit gesehen.

Dies ist bereits die dritte Inhaftierung von Juwan Abd Rahman Khaled durch syrische Behörden. Seine erste Haft erfolgte nach seiner Festnahme im März 2004 im Zusammenhang mit den Unruhen in seiner Heimatstadt Qamishly im Nordosten Syriens. Damals wurde er durch den Obersten Gerichtshof der Staatssicherheit, der internationale Standards für faire Gerichtsverfahren nicht erfüllte und 2011 abgeschafft wurde, zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Juwan Abd Rahman Khaled wurde aufgrund einer Amnestie des Präsidenten nach etwas mehr als einem Jahr im Gefängnis entlassen. Nach seiner Freilassung gab er an, während seiner Haft gefoltert worden zu sein. Im März 2011 wurde er erneut festgenommen und über 50 Tage lang vom syrischen Militärgeheimdienst festgehalten.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Der kurdische Bevölkerungsanteil in Syrien liegt bei annähernd zehn Prozent. Die meisten syrischen KurdInnen leben in der Nähe der Stadt Aleppo im Norden des Landes oder in der Region al-Hasaka im Nordosten von Syrien. Amnesty International hat weitere Fälle dokumentiert, in denen kurdische AktivistInnen Opfer des Verschwindenlassens wurden, beispielsweise der Aktivist Shibal Ibrahim und der Schriftsteller Hussein 'Essou. Weitere Informationen finden Sie in der Eilaktion Syrien: Syrischer Kurde in Foltergefahr: Shibal Ibrahim (UA-020/2012
http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-020-2012/syrischer-kurde-foltergefahr)
vom 24. Januar 2012 und Syrien: Schriftsteller droht Folter, Hussein 'Essou (UA-278/2011
http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-278-2011/schriftsteller-droht-folter)
vom 15. September 2011. Shibal Ibrahim ist ebenfalls Mitglied der Vereinigung junger Kurden in Syrien. Er wurde nach einer Generalamnestie durch den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad am 29. Mai 2013 aus der Haft entlassen. Wie er berichtete, erfuhr er erst nach seiner Freilassung, dass es sich bei einer Anhörung im September 2012 mit einem Richter des Antiterrorgerichts tatsächlich um ein Gerichtsverfahren gehandelt hatte, nach dem er ohne sein Wissen zu 15 Jahren Haft verurteilt wurde. Der Prozess dauerte ihm zufolge nur wenige Minuten und fand ohne Beisein eines Anwalts statt. Hussein 'Essou befindet sich weiter in Haft, unter Bedingungen, die den Tatbestand des Verschwindenlassens erfüllen.

Amnesty International hat die Inhaftierung von Juwan Abd Rahman Khaled 2004 in einem englischsprachigen Bericht vom März 2005 dokumentiert: Syria: Kurds in the Syrian Arab Republic one year after the March 2004 events (Index: MDE 24/002/2005,
http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE24/002/2005/en).
Einer Quelle von Amnesty International zufolge wurde ihm bei seiner Folter mit Draht ein Zahn herausgerissen und seine Wirbelsäule durch schwere Schläge verletzt. Juwan Abd Rahman Khaled ist verheiratet und hat drei Kinder, von denen das jüngste nach seiner Festnahme im September 2012 geboren wurde.

Einen Einblick in die weit verbreitete Praxis von Folter und andere Misshandlungen in Syriens Haftanstalten finden Sie in dem englischsprachigen Bericht I wanted to die: Syria's torture survivors speak out vom März 2012 (Index: MDE 24/016/2012, http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE24/016/2012/en). Hunderte sind seit Beginn der Unruhen im Gewahrsam der syrischen Sicherheitskräfte gestorben. Amnesty International hat dieses Vorgehen im August 2011 in einem englischsprachigen Bericht dokumentiert: Deadly detention: Deaths in custody amid popular protest in Syria (Index: MDE 24/035/2011,
(http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE24/035/2011/en)


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte Sie nachdrücklich bitten, den Aufenthaltsort von Juwan Abd Rahman Khaled bekanntzugeben und ihm sofortigen Zugang zu seiner Familie, seinem Anwalt sowie ggf. erforderlicher medizinischer Versorgung zu gewähren.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass Juwan Abd Rahman Khaled vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird.
  • Ich fordere Sie auf, Juwan Abd Rahman Khaled freizulassen, solange er nicht einer international als Straftat anerkannten Handlung angeklagt und in Übereinstimmung mit internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren vor Gericht gestellt wird.

APPELLE AN

STAATSPRÄSIDENT
Bashar al-Assad
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 332 3410 (Bitte sagen Sie "Fax") (Briefe werden derzeit nicht zugestellt. Bitte nur Faxe schicken!)

INNENMINISTER
His Excellency Major General Mohamad Ibrahim al-Shaar
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 311 0554 (Briefe werden derzeit nicht zugestellt.
Bitte nur Faxe schicken!)

AUSSENMINISTER
Walid al-Mu'allim
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 214 6253 (Briefe werden derzeit nicht zugestellt.
Bitte nur Faxe schicken!)


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK SYRIEN
Frau Abir Jarf
Geschäftsträgerin a.i., Gesandte - Botschaftsrätin
Rauchstr. 25, 10787 Berlin
Fax: 030-5017 7311
E-Mail: info@syrianembassy.de
press@syrianembassy.de
secretary@syrianembassy.de

STÄNDIGER VERTRETER DER ARABISCHEN REPUBLIK SYRIEN BEI DEN VEREINTEN NATIONEN

His Excellency Bashar Ja'afari
Ambassador Extraordinary and Plenipotentiary, 820 Second Avenue, 15th Floor, New York, NY 10017, USA (Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 1 212) 983 4439
E-Mail: exesec.syria@gmail.com


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. November 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the Syrian authorities to reveal the whereabouts of Juwan Abd Rahman Khaled, grant him immediate access to his family, lawyer and any medical attention he may need.
  • Urging the Syrian authorities to ensure that he is protected from torture or other ill-treatment.
  • Calling on the Syrian authorities to release him unless he is charged with a recognizably criminal offence and tried in accordance with international fair trial standards.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Die Mehrzahl der von Amnesty International dokumentierten Menschenrechtsverletzungen wurde von den syrischen Streitkräften und Milizen der als Shabiha bekannten regierungstreuen Gruppierungen begangen. Doch auch bewaffnete Oppositionskräfte haben sich Menschenrechtsverstößen schuldig gemacht, darunter der Folterung und Tötung gefangengenommener Angehöriger der Armee und der Shabiha sowie auch der Entführung und Tötung tatsächlicher und vermeintlicher RegierungsanhängerInnen und -unterstützerInnen. Außerdem versuchten sie durch die Geiselnahme von Zivilpersonen Gefangenenaustausche herbeizuführen. Amnesty International verurteilt diese Menschenrechtsverstöße scharf und hat die Führungsebene sämtlicher in Syrien operierender bewaffneter Oppositionsgruppen dazu aufgerufen, derartige Handlungen in einer öffentlichen Bekanntmachung zu verbieten und alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit oppositionelle Gruppen keine Menschenrechtsverstöße mehr begehen. Lesen Sie hierzu den englischsprachigen Bericht Syria: Summary killings and other abuses by armed opposition groups vom 14. März 2013 (Index: MDE 24/008/2013,
http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE24/008/2013/en).

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-277/2013, AI-Index: MDE 24/055/2013, Datum: 4. Oktober 2013 - as
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2013