ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-248/2013-2, AI-Index: MDE 12/057/2013, Datum: 2. Oktober 2013 - mr
Ägypten
Haftanordnung gegen zwei Kanadier verlängert
Herr TAREK LOUBANI
Herr JOHN GREYSON
Am 29. September ist die Haft der beiden Kanadier Tarek Loubani und John Greyson um weitere 45 Tage verlängert worden. Laut eigenen Angaben wurden die beiden Männer nach der Festnahme geschlagen und werden in überfüllten Zellen und unter unhygienischen Bedingungen im Tora-Gefängnis im Süden Kairos festgehalten. Sie befinden sich aus Protest gegen ihre anhaltende Haft weiter im Hungerstreik. Nach Angaben ihrer Rechtsbeistände werden Tarek Loubani und John Greyson eine Reihe von Anschuldigungen zur Last gelegt, darunter Mord, versuchter Mord, Gewalttätigkeiten und Schüren von Gewalt, Tragen von Waffen, rücksichtsloses Vorgehen sowie Zerstörung öffentlichen und privaten Eigentums. Sie könnten zu lebenslanger Haft verurteilt werden. Nach Abschluss der Ermittlungen wird die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob formal Anklage erhoben wird. Bis diese Entscheidung fällt, werden sie in Schutzhaft gehalten. In einer Erklärung vom 29. September beschreiben Tarek Loubani und John Greyson die Haftbedingungen als "lächerlich". Anfangs seien sie zusammen mit 36 weiteren Gefangenen in einer 3 mal 10 Meter großen Zelle ohne Zugang zu einem Telefon, wenig körperlichen Bewegungsmöglichkeiten und nur eingeschränktem Zugang zu Wasser festgehalten worden. Inzwischen sind die Männer in eine kleinere Zelle (3,5m x 5,5m) verlegt worden, die sie mit sechs anderen Inhaftierten teilen. Sie können nun öfter duschen und bekommen häufiger Bewegung als zuvor, aber sie müssen weiterhin auf Beton unter von Kakerlaken verseuchten hygienischen Bedingungen schlafen. In ihrer Erklärung berichten sie auch über Einzelheiten ihrer Festnahme, bei der sie "geschlagen, geprügelt, lächerlich gemacht" wurden und die Sicherheitskräfte sie beschuldigten, "ausländische Söldner" zu sein.
Tarek Loubani und John Greyson wurden am 16. August festgenommen, nachdem sie am Ramsis-Platz gewesen waren, wo Anhängerinnen des abgesetzten Staatspräsidenten Mursi eine Protestveranstaltung organisiert hatten. Nach eignen Angaben begaben sich die beiden Männer zum Ramsis-Platz, um zu sehen, was dort los war. Dort sahen sie einen Mann, der aufgrund einer Schussverletzung blutete, und hörten Rufe nach einem Arzt. Also begann Tarek Loubani die Verletzungen zu behandeln, während John Greyson die Geschehnisse filmte. Laut ihren Angaben war es ihnen aufgrund eines Polizeikordons nicht möglich, zu ihrem Hotel zurückzukehren. Man habe sie dann festgenommen, als sie an einem Kontrollpunkt der Armee um Hilfe baten.
Tarek Loubani und John Greyson wurden am 16. August 2013 festgenommen. Am 16. August starben erneut 97 Personen, als Proteste von UnterstützerInnen des abgesetzten Präsidenten Mohammed Mursi am Ramsis-Platz in Kairo in gewalttätige Auseinandersetzungen umschlugen. Die Zusammenstöße, die kurz nach dem Freitagsgebet in der Nähe der Al-Fath-Moschee begonnen hatten, wurden gewalttätiger, als eine Pro-Mursi-Demonstration, die zur Hauptdemonstration auf dem Ramsis-Platz stoßen wollte, die Brücke des 6. Oktober erreichte. Während der Vorfälle und danach führten die Sicherheitskräfte weitverbreitet wahllose Festnahmen von über 650 Personen, darunter auch Frauen und Kinder, durch. Ihnen allen wurde dieselbe breite Palette von Verstößen ohne Berücksichtigung der tatsächlichen strafrechtlichen Beteiligung des Einzelnen zur Last gelegt. Tarek Loubani und John Greyson kamen am 15. August in Ägypten an und wollten umgehend in die Besetzten Palästinensischen Gebiete nach Gaza weiterreisen. Bei der Ankunft in Ägypten konnten die beiden Männer nicht weiterreisen, da die Grenze nach Gaza geschlossen war. Tarek Loubani beabsichtigte Beziehungen zwischen der Universitätsklinik in Gaza und dem Krankenhaus, in dem er in Kanada arbeitet, aufzubauen. Der Filmemacher John Greyson begleitete ihn, um seine Bemühungen zu dokumentieren.
Die beiden Männer sind am 16. September aus Protest gegen ihre anhaltende Inhaftierung in den Hungerstreik getreten. Sie nehmen zwar weiterhin Flüssigkeit zu sich, verzichten jedoch auf feste Nahrung. Medienberichten zufolge soll der Sprecher des ägyptischen Außenministeriums Badr Abdelatty gesagt haben, dass Tarek Loubani und John Greyson wegen "Teilnahme an nicht genehmigten Demonstrationen" angeklagt werden und dass zudem eine Anklage wegen Spionage erfolgen könnte, da in ihrem Hotelzimmer Überwachungsgerätschaften, unter anderem eine "Drohne" gefunden worden sei. Doch laut Amnesty International vorliegenden Informationen sind die beiden Männer bislang nicht offiziell angeklagt und die Anschuldigungen sind die im Haupttext genannten.
FAXE UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
ÜBERGANGSPRÄSIDENT
Adly Mahmoud Mansour
Office of the President
Al Ittihadia Palace
Cairo
ÄGYPTEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 202) 2 391 1441
VERTEIDIGUNGSMINISTER
General Abdel Fattah al-Sisi
Ministry of Defence
Cairo
ÄGYPTEN
(Anrede: Dear General / Sehr geehrter Herr General)
Fax: (00 202) 2 290 6004
Fax/Telefon: (00 202) 2 291 6227
GENERALSTAATSANWALT
Hesham Mohamed Zaki Barakat
Office of the Public Prosecutor
Supreme Court House, 1 "26 July" Road
Cairo, ÄGYPTEN
(Anrede: Dear Counsellor / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)
Fax: (00 202) 2 577 4716 oder (00 202) 2 575 7165 (nach Büroschluss abgeschaltet, MEZ +1)
BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN
S. E. Herrn Mohamed Abdelhamid Ibrahim Higazy
Stauffenbergstraße 6-7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de
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Weitere Informationen zu UA-248/2013 (MDE 12/053/2013, 13. September 2013 und MDE 12/054/2013, 19. September 2013)
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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2013