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AKTION/1538: Urgent Action - USA (Georgia), Hinrichtung für wenige Tage ausgesetzt


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-197/2012-4, AI-Index: AMR 51/049/2013, Datum: 16. Juli 2013 - mr

USA (Georgia)
Hinrichtung für wenige Tage ausgesetzt



WARREN HILL, 53-jähriger Afro-Amerikaner

Eine Richterin in Georgia hat Warren Hill einen vorübergehenden Hinrichtungsaufschub gewährt, um eine Frage zur Verabreichung der tödlichen Injektion zu klären. Beim Obersten Gerichtshof der USA ist derweil nach wie vor eine Eingabe anhängig, die geltend macht, dass die Hinrichtung einen Verstoß gegen die US-amerikanische Verfassung darstellen würde, da Warren Hill eine "geistige Behinderung" hat. Am 20. Juli um 12 Uhr Ortszeit verliert der Hinrichtungsbefehl seine Gültigkeit.

Der Oberste Gerichtshof der USA befand 2002 in der Grundsatzentscheidung "Atkins gegen Virginia", dass die Hinrichtung von geistig behinderten Menschen gegen die US-Verfassung verstoße. Nach einer Anhörung zur dieser Frage entschied das zuständige Gericht in Georgia, dass "das Überwiegen der Beweise" ausreiche um festzustellen, dass Warren Hill an einer geistigen Behinderung leidet. Die Behörden von Georgia legten dagegen jedoch Rechtsmittel beim Obersten Gericht des Bundesstaates ein, das 2003 mit vier zu drei Stimmen entschied, in diesem Kontext sei das Kriterium "ohne berechtigten Zweifel" anzulegen. Kein anderer US-Bundesstaat legt in diesem Zusammenhang dieses strenge Kriterium an. Die Bundesgerichte erhielten dieses Urteil aufrecht und begründeten dies mit den strengen Vorgaben im US-Recht bezüglich der Überprüfung von Entscheidungen bundesstaatlicher Gerichte.

Im Februar 2013 gaben die drei ExpertInnen, die zuvor für den Bundesstaat Georgia ausgesagt hatten, dass sie nicht glaubten, dass Warren Hill an einer geistigen Behinderung leide, eidesstattliche Erklärung ab, dass sie inzwischen zu der Überzeugung gelangt seien, dass Warren Hill an einer geistigen Behinderung leide. Sie stimmten damit mit den vier ExpertInnen der Verteidigung überein. Die Bundesgerichte haben sich trotz dieser veränderten Beweislage geweigert, die Hinrichtung zu stoppen und die Begründetheit der Eingabe, dass die Hinrichtung wegen der "geistigen Behinderung" von Warren Hill einen Verstoß gegen die US-Verfassung darstelle, zu prüfen. Sie beriefen sich darauf, dass die Bundesgerichte aufgrund von US-Recht nicht befugt seien einzuschreiten.

Am 12. Juli stellten Warren Hills Rechtsbeistände trotz der weiter anhängigen Eingabe vor dem Obersten Gerichtshof einen Eilantrag bei einem Gericht in Georgia, in dem sie die Rechtmäßigkeit des derzeit in Georgia gültigen Hinrichtungsverfahrens mittels einer tödlichen Injektion anzweifeln. In dem Antrag geht es um die kürzlich in Georgia verabschiedete Gesetzgebung, mit der die anhaltenden Schwierigkeiten, die Substanzen für die Zusammensetzung der tödlichen Injektion zu erhalten, beseitigt werden sollen. Diese Gesetzgebung erklärt "Informationen zur Identifizierung" von Personen, die bei Hinrichtungen direkt oder indirekt an der Verabreichung der tödlichen Injektion beteiligt sind, sowie Personen oder Unternehmen, die die "Substanzen, medizinische Ausstattung und Gerätschaften" herstellen, liefern, mischen oder verschreiben, zur "Geheimsache" und scheint daher darauf abzuzielen, deren richterliche Überprüfung zu verhindern. Etwa drei Stunden vor dem geplanten Hinrichtungstermin am Abend des 15. Juli setzte die Richterin von Fulton County in Georgia die Hinrichtung vorerst aus und beraumte für den 18. Juli eine Anhörung an.

Der derzeit gültige Hinrichtungsbefehl ist bis zum 20. Juli 12 Uhr Ortszeit gültig. Sollte der Hinrichtungsaufschub vorher von der Richterin aufgehoben werden, könnte der Bundesstaat Georgia Warren Hill bis zu diesem Zeitpunkt hinrichten. Dies wäre bereits sein vierter Hinrichtungstermin innerhalb eines Jahres.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN (AUF ENGLISCH)

Particularly over the past four years, authorities in the USA, including Georgia, have faced difficulties in obtaining ingredients for lethal injection. With the sole US manufacturer of sodium thiopental, the barbiturate used in most such executions since 1976, suspending production and in early 2011 withdrawing from the market altogether, the USA's death penalty states have turned to each other, to sources overseas, and to the federal government, to seek alternative drugs and sources (see USA: An embarrassment of hitches, July 2011,
http://www.amnesty.org/en/library/info/AMR51/058/2011/en).

It seems that Georgia has turned to a "compounding pharmacy" to produce the pentobarbital to be used in Warren Hill's execution. According to the federal US Food and Drug Administration (FDA), which does not regulate these entities, compounding pharmacies combine, mix or alter ingredients "in response to a prescription to create a medication tailored to the medical needs of an individual patient". Here the use would be to kill a condemned prisoner. According to the briefs filed on 12 July 2013 in Fulton County Court by Warren Hill's lawyers, the Georgia Department of Corrections has "entered into agreements with an unknown compounding pharmacy and an unknown prescriber of drugs in order to procure pentobarbital for the execution of Mr Hill". All information relating to the identities, including professional qualifications, of those involved was redacted from the documents provided to the lawyers by the Department of Corrections, under the recent legislation passed by the state legislature purporting to shield such information from disclosure, including during any judicial process.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass inzwischen alle sieben ExpertInnen, die Warren Hill untersucht haben, übereinstimmend zu der Überzeugung gelangt sind, dass er an einer geistigen Behinderung leidet und seine Hinrichtung somit einen Verstoß gegen die US-Verfassung darstellen würde.
  • Angesichts dieser übereinstimmenden Meinung bitte ich Sie, den Antrag an den Obersten Gerichtshof zu unterstützen.
  • Des Weiteren möchte ich meiner Sorge Ausdruck verleihen, dass der Bundesstaat Georgia bestimmte Informationen im Verfahren zur Hinrichtung durch die Giftspritze als "geheim" eingestuft hat und damit allem Anschein nach darauf abzielt, deren richterliche Überprüfung zu verhindern.

APPELLE AN

STAATSANWALT VON GEORGIA
The Honorable Sam Olens
Attorney General of Georgia
40 Capitol Square
SW, Atlanta, GA 30334
USA
(Anrede: Dear Attorney General / Sehr geehrter Herr Staatsanwalt)
Fax: 001 404 657 8733
E-Mail: AGOlens@law.ga.gov


KOPIEN AN

GOUVERNEUR VON GEORGIA
Governor Nathan Deal
Georgia State Capitol, Atlanta, GA 30334, USA
Fax: 001 404 657 7332
E-Mail: über
http://gov.georgia.gov/webform/contact-governor-international-form

BOTSCHAFT DER VEREINIGTEN STAATEN VON AMERIKA
Herr James Desmond Melville Jr.
Geschäftsträger a.i., Gesandter-Botschaftsrat
Pariser Platz 2, 10117 Berlin
Fax: 030-83 05 10 50
E-Mail: über http://germany.usembassy.de/email/feedback.htm

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort, so dass sie noch vor dem 20. Juli 2013 eintreffen. Schreiben Sie in gutem Englisch oder auf Deutsch.

Weitere Informationen zu UA-197/2012
(AMR 51/058/2012, 10. Juli 2012,
AMR 51/064/2012 , 18. Juli 2012,
AMR 51/068/2012, 24. Juli 2012 und AMR 51/046/2013, 8. Juli 2013)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Noting that all seven experts who have assessed Warren Hill now agree that he has mental retardation, which would render his execution unconstitutional.
  • Calling on the Attorney General to concede this and to support the petition for Supreme Court intervention.
  • Expressing concern about Georgia's classification as a state secret certain information relating to the lethal injection process, thereby purporting to shield it from judicial review.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG (AUF ENGLISCH)

The brief argues that without information about the origin or manufacturers of the drug, Warren Hill's lawyers are left with "no means for determining whether the drugs for his lethal injection are safe and will reliably perform their function, or if they are tainted, counterfeited, expired, or compromised in some other way". The lawyers argue that Warren Hill's constitutional rights to due process and not to be subjected to "cruel and unusual" punishment are at issue. Specifically, they argue that "the use of an unknown, anonymously produced substance to carry out his execution carries an intolerable risk of pain and suffering, and thus constitutes cruel and unusual punishment" under the Eighth Amendment to the US Constitution, and "Georgia's Lethal Injection Secrecy Law prevents Mr Hill from receiving any information necessary to prosecute his Eighth Amendment claim".

Meanwhile litigation continues in a number of states in relation to the lethal injection issues. Earlier this month, the Arkansas Attorney General was reported as saying that, in light of the continuing lethal injection problems being faced by his state, there were two choices, "either abolish the death penalty or change the method of execution."

Amnesty International opposes any use of the death penalty, regardless of the crime or the method use to kill the prisoner.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-197/2012-4, AI-Index: AMR 51/049/2013, Datum: 16. Juli 2013 - mr
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juli 2013