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AKTION/1491: Erfolge - April/Mai 2013


amnesty journal 04/05/2013 - Das Magazin für die Menschenrechte

Erfolge

- Kuba - "Nun muss ich nur noch abheben:-)"
- Iran - Iranischer Filmemacher in Freiheit
- USA - Hinrichtung gestoppt
- Philippinen - Späte Genugtuung
- Katar - Freiheitsstrafe reduziert
- Irak - Wieder frei
- Jemen - Neuer Aufschub



"Nun muss ich nur noch abheben:-)"

KUBA - Als es endlich soweit war, lasen Tausende auf Twitter mit: "Ich habe es durch die Passkontrolle geschafft. Nun muss ich nur noch das Flugzeug betreten und abheben :-)" Die kubanische Internetaktivistin Yoani Sánchez durfte Ende Februar zum ersten Mal seit Jahren ihr Heimatland verlassen. Die 37-Jährige gilt als eine der bekanntesten Bloggerinnen der Welt, allein auf Twitter folgen ihr mehr als 400.000 Nutzer. In ihrer Heimat ist sie hingegen weitgehend unbekannt, schließlich sind Internetanschlüsse auf Kuba rar. Seit fünf Jahren hatte sie sich um eine Ausreise bemüht, doch die kubanische Regierung lehnte zwanzig Anträge in Folge ab. Amnesty International hat dagegen wiederholt protestiert. Nun profitierte Yoani Sánchez von einem neuen Migrationsgesetz, das Mitte Januar auf Kuba in Kraft trat: Die Regierung des kommunistischen Inselstaats gewährte den Bürgern erstmals weitgehende Reisefreiheit. Kubaner, die ihr Land verlassen wollen, benötigen fortan keine Sondergenehmigungen mehr, sondern nur noch einen gültigen Pass und ein Visum des Ziellandes.

Ein Massenexodus ist allerdings nicht zu erwarten: Wer einen Reisepass beantragt, muss 100 US-Dollar zahlen - für die meisten Kubaner eine unerschwingliche Summe. Dass ihre Ausreise nun einen weltweiten Medienrummel auslöste, hat für Yoani Sánchez daher auch einen bitteren Beigeschmack: "Eine Person besitzt einen Reisepass und betritt ein Flugzeug - eigentlich sollte das keine Nachricht wert sein", sagte sie. In den kommenden drei Monaten will sie zwölf Länder besuchen, darunter Brasilien, Mexiko, die USA, Spanien, Italien und Polen. Auch ein Besuch in Deutschland ist geplant.


Iranischer Filmemacher in Freiheit

IRAN - Amnesty kämpfte gemeinsam mit Hollywood-Stars um seine Freiheit: Der iranische Filmemacher Behrouz Ghobadi ist seit Ende Januar wieder auf freiem Fuß. Iranische Sicherheitskräfte hatten ihn Anfang November festgenommen und zweieinhalb Monate an einem geheimen Ort in Isolationshaft gehalten. Die Behörden warfen Ghobadi vor, in "Aktivitäten gegen die nationale Sicherheit" verstrickt zu sein. Weder seine Anwälte, noch seine Familie durften mit ihm Kontakt aufnehmen. Behrouz Ghobadi ist der jüngere Bruder des auch international bekannten, regimekritischen Filmemachers Bahman Ghobadi, der inzwischen im Exil lebt. Amnesty hatte sich mit einer globalen Kampagne für die Freilassung Behrouz Ghobadis eingesetzt und konnte dabei auf prominente Unterstützer zählen: Hollywood-Stars wie Martin Scorsese, Liam Neeson, Paul Haggis, James Franco und Mila Kunis schlossen sich der Amnesty-Kampagne an. "Wir sind glücklich, dass Behrouz Ghobadi wieder bei seiner Familie ist, vor allem bei seinem neugeborenen Sohn Harmang", so die Künstler in einer gemeinsamen Erklärung. "Wir wollen allen Menschen danken, die sich mit Amnesty international für seine Freiheit eingesetzt haben. Wenn wir gemeinsam unsere Stimme erheben, kann der Protest beizeiten so laut werden, dass ihn auch die Mächtigen nicht ignorieren können."


EINSATZ MIT ERFOLG

Weltweit beteiligen sich Tausende Menschen mit Appellschreiben an den "Urgent Actions", den "Briefen gegen das Vergessen" und an Unterschriftenaktionen von Amnesty International. Dass dieser Einsatz drohende Menschenrechtsverletzungen verhindert und Menschen in Not hilft, zeigen diese Beispiele.


Hinrichtung gestoppt

USA - Ein US-amerikanisches Bundesgericht hat die Hinrichtung von Paul Howell gestoppt. Er sollte am 26. Februar wegen eines 1992 begangenen Mordes an einem Polizeibeamten in Florida hingerichtet werden. Howells vormaliger Rechtsbeistand hatte eine Abgabefrist verpasst, sodass sein Fall nicht auf Bundesebene überprüft wurde. Seine jetzigen Anwälte hatten einen Hinrichtungsaufschub beantragt, um alle Rechtsmittel auszuschöpfen. Amnesty hatte sich mit Eilaktionen für Howell eingesetzt.


Späte Genugtuung

PHILIPPINEN - Ericson Acostas persönlicher Kampf ist nach zwei Jahren vorerst vorüber. Der 40-jährige philippinische Dichter, Sänger und Aktivist wurde Anfang Februar aus dem Calbayog-Gefängnis in Samar entlassen. Zwei Jahre zuvor, am 13. Februar 2011, war er unerwartet festgenommen worden. Später berichtete Acosta, man habe ihn in ein Militärcamp gebracht und dort stundenlang verhört und gefoltert. Unter Androhung des Todes sollte er zugeben, ein Funktionär der Kommunistischen Partei zu sein, die jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht mehr verboten war. Zwei Tage nach der Festnahme brachte man den Dichter zur örtlichen Polizeiwache und erhob Anklage wegen angeblichen illegalen Sprengstoffbesitzes. Amnesty betrachtete Acosta als gewaltlosen politischen Gefangenen und setzte sich für seine Freilassung ein.

In der Haft musste Acosta seine Zelle mit neun anderen Gefangenen teilen. Aufgrund der Haftbedingungen und eines Hungerstreiks war seine Gesundheit stark angegriffen. Ende Januar ließ das Justizministerium die Anklage gegen ihn wegen Unregelmäßigkeiten und fehlender Beweismittel fallen.


Freiheitsstrafe reduziert

KATAR - Die gegen den katarischen Dichter Mohammed al-Ajami verhängte lebenslange Freiheitsstrafe ist auf 15 Jahre verkürzt worden. Er ist seit November 2011 wegen "Straftaten" inhaftiert, die in Zusammenhang mit seinen Gedichten stehen. Amnesty betrachtet ihn als gewaltlosen politischen Gefangenen, der allein wegen der friedlichen Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert wurde. Mohammed al-Ajami wurde am 16. November 2011 in Doha festgenommen und wegen "Anstiftung zum Sturz des herrschenden Regimes" und "Beleidigung des Emirs" angeklagt. Er war monatelang ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft, bevor er Besuch von seiner Familie erhalten durfte.

Vermutlich wurde er wegen eines Gedichts aus dem Jahr 2011 festgenommen, das vor dem Hintergrund der Proteste in der arabischen Welt entstand und Kritik an den Golfstaaten übt. In dem Werk mit dem Titel "Jasmin-Gedicht" heißt es unter anderem, dass "wir im Angesicht der repressiven Elite alle Tunesien sind". Das Gerichtsverfahren gegen Mohammed al-Ajami begann im November 2011 vor dem Strafgericht in Doha und war dem Vernehmen nach von Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet.


Wieder frei

IRAK - Der französische Journalist Nadir Dendoune wurde im Irak am 14. Februar gegen Kaution aus der Haft entlassen. Er blieb zunächst in der französischen Botschaft, bis sein Fall abgeschlossen wurde. Am 4. März kehrte er nach Frankreich zurück. Der Journalist war am 23. Januar in Bagdads Stadtteil al-Dura festgenommen worden. Ihm wurde vorgeworfen, Fotos von der Zentrale des irakischen Geheimdienstes sowie von Militär- und Polizeikontrollpunkten gemacht zu haben. Nadir Dendoune war nach Bagdad gereist, um für die französische Monatszeitung "Le Monde Diplomatique" über den bevorstehenden zehnten Jahrestag der US-geführten Invasion des Irak zu berichten.


Neuer Aufschub

JEMEN - Der jemenitische Präsident hat den wegen Mordes verurteilten Faysal al-Qassem am 6. Februar einen Hinrichtungsaufschub gewährt. Ursprünglich sollte al-Qassem vier Tage später hingerichtet werden. Allerdings war er möglicherweise zum Tatzeitpunkt minderjährig. Er hatte Amnesty berichtet, dass die Gerichte seine Geburtsurkunde zurückgewiesen hätten, der zufolge er zur Tatzeit unter 18 war. Stattdessen hätten sie sich auf gefälschte Schulzeugnisse und eine medizinische Untersuchung berufen, die "beweisen" sollten, dass er damals volljährig war. Al-Qassem beharrt darauf, dass diese Untersuchung niemals stattgefunden habe. Die Justizbehörden wollen nun den Fall erneut prüfen und sein tatsächliches Alter feststellen.

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Quelle:
amnesty journal, April/Mai 2013, S. 7+9
Herausgeber: amnesty international
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2013