ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-319/2012-1, AI-Index: MDE 22/004/2012, Datum: 30. November 2012 - jw
Katar
Lebenslange Haft für ein Gedicht
MOHAMMED AL-AJAMI (auch MOHAMMED IBN AL-DHEEB), Dichter
Der katarische Dichter Mohammed al-Ajami, der sich seit November 2011 in Haft befindet, ist am 29. November wegen Straftaten, die in Zusammenhang mit seinen Gedichten stehen, zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Es wird befürchtet, dass er allein wegen der friedlichen Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung für schuldig befunden wurde. In diesem Fall wäre er als gewaltloser politischer Gefangener zu betrachten.
Der Dichter Mohammed al-Ajami - auch als Mohammed Ibn al-Dheeb bekannt - war am 16. November 2011 in der katarischen Hauptstadt Doha festgenommen und der "Anstiftung zum Sturz des herrschenden Regimes" und "Beleidigung des Emirs" angeklagt worden. Er wurde von Angehörigen der Staatssicherheit festgenommen, nachdem er einer Vorladung gefolgt war. Mohammed al-Ajami war monatelang ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten worden, bevor er Besuch von seiner Familie erhalten durfte. Derzeit ist er im Zentralgefängnis von Doha inhaftiert.
Berichten zufolge stützt die Staatsanwaltschaft ihre Anklage gegen Mohammed al-Ajami auf ein Gedicht, das er 2010 geschrieben und in dem er den Emir kritisiert hatte. AktivistInnen in der Golfregion glauben jedoch, dass er in Wirklichkeit wegen eines Gedichts aus dem Jahr 2011 festgenommen wurde. Dieses trägt den Titel "Das Jasmin-Gedicht" und wurde von Mohammed al-Ajami vor dem Hintergrund der Proteste, die im Dezember 2010 in der arabischen Welt begannen, verfasst. Mohammed al-Ajami kritisiert darin die Golfstaaten und erklärt, dass "wir im Angesicht der repressiven Elite alle Tunesien sind".
Das Gerichtsverfahren gegen Mohammed al-Ajami begann im November 2011 vor dem Strafgericht in Doha und soll von Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet gewesen sein. Die gerichtlichen Anhörungen fanden im Geheimen statt. Sein Rechtsbeistand durfte bei einer der gerichtlichen Anhörungen nicht anwesend sein und seine Verteidigung nur schriftlich vorlegen. Dasselbe Gericht verurteilte Mohammed al-Ajami am 29. Dezember zu lebenslanger Haft. Beobachtern war der Zugang zum Gericht nicht gestattet, und Mohammed al-Ajami selbst war während der Verkündung des Strafmaßes nicht anwesend. Es wird erwartet, dass er Rechtsmittel einlegt. Eine Kopie des Urteils, die Amnesty International vorliegt, gibt keine Gründe für die harte Strafe an, doch die Organisation geht davon aus, dass die Vorwürfe, die zu seinem Urteil geführt haben, auf dem Inhalt seiner Gedichte basieren.
Das Recht auf freie Meinungsäußerung unterliegt in Katar strikten Einschränkungen und die Presse sieht sich häufig zur Selbstzensur gezwungen. Katar trat im Mai 2008 dem Übereinkommen zur Terrorismusbekämpfung bei, welches 2004 vom Golfkooperationsrat (Gulf Cooperation Council - GCC) ausgearbeitet worden war. Die Bestimmungen des Übereinkommens könnten zur Kriminalisierung legitimer Aktivitäten führen, was das Recht auf freie Meinungsäußerung in Katar zusätzlich gefährdet.
Die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit sind in internationalen Abkommen und Standards zum Schutz der Menschenrechte garantiert. Einschränkungen dieser Rechte sind nur unter bestimmten und genau festgelegten Voraussetzungen erlaubt, beispielsweise zum Schutz der Rechte und des Leumunds anderer. Die Notwendigkeit der Einschränkung muss nachgewiesen sein und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden. Auf keinen Fall darf von einer solchen Maßnahme eine Gefahr für die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit ausgehen. Führende PolitikerInnen sollten ein höheres Maß an Kritik als "NormalbürgerInnen" hinzunehmen bereit sein. Bestimmungen oder Gesetze, die öffentlichen FunktionsträgerInnen besonderen Schutz vor Kritik zusprechen, sind mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung nicht vereinbar.
FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
INNENMINISTER
Sheikh Abdullah bin Khalid Al Thani
Ministry of the Interior
PO Box 920
Doha
KATAR
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 974) 4444 4945
E-Mail: info@moi.gov.qa
EMIR VON KATAR
Sheikh Hamad bin Khalifa Al Thani
PO Box 923
Doha
KATAR
(Anrede: Your Highness / Eure Hoheit)
Fax: (00 974) 4436 1212
GENERALSTAATSANWALT
Dr Ali bin Fetais Al Marri
PO Box 705
Doha
KATAR
(Anrede: Dr Ali bin Fetais Al Marri)
Fax: (00 974) 4484 3211
BOTSCHAFT DES STAATES KATAR
S.E. Herr Abdulrahman Mohammed S. Al-Khulaifi
Hagenstr. 56
14193 Berlin
Fax: 030-8620 6150
E-Mail: Berlin@mofa.gov.qa
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 11. Januar 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.
*
Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-319/2012-1, AI-Index: MDE 22/004/2012, Datum: 30. November 2012 - jw
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2012