ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-280/2012-1, AI-Index: ASA 17/040/2012, Datum: 16. Oktober 2012 - we
VR China
Neffe von Chen Guangcheng weiter in Haft
CHEN KEGUI, Neffe von Chen Guangcheng
Chen Kegui, der Neffe des Menschenrechtsaktivisten Chen Guangcheng, befindet sich seit dem 30. April in Haft. Am 15. Oktober hat Amnesty International die Information erhalten, dass die Polizei seinen Fall an die Volksstaatsanwaltschaft weitergeleitet hat. Dies bedeutet, dass ihm schon bald ein Verfahren drohen könnte. Er hat noch immer keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand oder seiner Familie. Es besteht die Gefahr, dass Chen Kegui in Haft gefoltert oder anderweitig misshandelt wird.
Nach dem 7. Oktober - zuvor waren alle Regierungsstellen aufgrund von mehreren Nationalfeiertagen geschlossen gewesen - suchte die Familie von Chen Kegui die Behörden auf, um auf Informationen zu seinem Fall zu drängen. Die BeamtInnen sagten ihnen, die Polizei habe ihre Ermittlungsarbeit eingestellt und der Fall befinde sich nun bei der Volksstaatsanwaltschaft. Man erklärte ihnen zudem, dass die ursprüngliche Anklage wegen "vorsätzlicher Tötung", mit der seine Inhaftierung begründet worden war, fallengelassen worden sei und die Polizei nun eine Anklage wegen "vorsätzlicher Körperverletzung" beantrage. Bei einer Verurteilung würden Chen Kegui dann bis zu drei Jahre Haft drohen. Sollte man den Fall als besonders schwerwiegend einstufen, könnte er sogar bis zu zehn Jahre lang inhaftiert werden. Laut seinen Familienangehörigen hat Chen Kegui seit seiner Inhaftierung am 30. April keinen Zugang zu den Rechtsbeiständen erhalten, die seine Angehörigen mit seinem Fall beauftragt hatten. Auch Besuche von seinen Familienmitgliedern wurden ihm bisher verweigert. Amnesty International befürchtet, dass Chen Kegui in Haft gefoltert werden könnte.
Chen Kegui wurde am 30. April inhaftiert. Zuvor hatte er sich nach einer gewaltsamen Durchsuchung des Hauses seiner Familie am 26. April mehrere Tage aus Angst um seine Sicherheit auf der Flucht befunden. Nur wenige Tage nachdem dem Menschenrechtsaktivisten Chen Guangcheng nach Jahren des rechtswidrigen Hausarrestes die Flucht gelungen war, durchsuchten etwa 20 Personen in Zivil das Haus, die sich weder ausgewiesen noch einen Durchsuchungsbefehl vorgezeigt hatten. Laut Aussage der Anwesenden verletzte Chen Kegui in Notwehr mehrere der Eindringlinge mit einem Messer, bevor er dann aus dem Haus floh. Am 9. Mai wurden die Familienangehörigen von Chen Kegui darüber informiert, dass er wegen des Verdachts auf "vorsätzliche Tötung" festgenommen worden war.
Nach der Durchsuchung wurde der Vater von Chen Kegui festgenommen und soll in Gewahrsam gefoltert worden sein. PolizeibeamtInnen sollen seine Beine gefesselt, ihm in die Rippen geschlagen und ihn mit Gürteln ausgepeitscht haben. Nach seiner Freilassung am 29. April gab er Details über seine Folterung an die Presse weiter. Daraufhin sagten BeamtInnen ihm, sein Sohn Chen Kegui werde eine noch härtere Bestrafung erhalten.
Chen Kegui befindet sich bereits seit mehr als fünf Monaten ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Oktober 2012