ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-255/2012, AI-Index: MDE 24/075/2012, Datum: 29. August 2012 - ar
Syrien
Studentin ohne Kontakt zur Aussenwelt in Haft
Frau ZILAL IBRAHIM AL-SALHANI
Die 19-jährige Studentin Zilal Ibrahim al-Salhani wurde am 28. Juli in ihrer Wohnung festgenommen. Seitdem hat sie mit Ausnahme eines einzigen Telefonanrufs keinen Kontakt zur Außenwelt aufnehmen dürfen. Es besteht Sorge um ihre Sicherheit, da ihr Folter und andere Misshandlungen drohen.
Augenzeugenberichten zufolge wurde Zilal Ibrahim al-Salhani am 28. Juli in ihrer Wohnung in Aleppo festgenommen, nachdem es zuvor in ihrem Wohnbezirk zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten Oppositionsgruppen gekommen war. Am Tag ihrer Festnahme setzte sich Zilal Ibrahim al-Salhani mit ihrer Tante in Verbindung und sagte ihr, dass sie auf der Wache der Kriminalpolizei im Stadtteil Ashrafiya in Aleppo festgehalten werde. Zilal Ibrahim al-Salhani äußerte die Hoffnung, in den nächsten Tagen freigelassen zu werden.
Am 1. August erkundigte sich die Tante von Zilal Ibrahim al-Salhani nach dem Verbleib ihrer Nichte, nachdem sie aus einer inoffiziellen Quelle gehört hatte, dass Zilal Ibrahim al-Salhani in die Einrichtung des Luftwaffengeheimdienstes in Aleppo überstellt worden sei. Die dortigen BeamtInnen teilten ihr jedoch mit, sie solle Zilal Ibrahim al-Salhani "vergessen".
Am 6. und 15. August erhielt ihre Tante Anrufe von BeamtInnen der Kriminalpolizei, die ihr mitteilten, dass Zilal Ibrahim al-Salhani sich auf der Wache in Aleppo in Gewahrsam befände und sie aufforderten, ihrer Nichte Kleidung und Essen zu bringen. Beide Male konnte sie Kleidungsstücke und Nahrungsmittel auf der Wache abgeben, durfte Zilal Ibrahim al-Salhani aber nicht sehen. Seit dem 15. August haben die Angehörigen von Zilal Ibrahim al-Salhani keine offiziellen Informationen mehr über ihr Schicksal oder ihren Verbleib erhalten. Es ist unklar, ob gegen Zilal Ibrahim al-Salhani Anklagepunkte vorliegen.
Internationale Standards sehen vor, dass die Familien festgenommener Personen umgehend über den Sachverhalt zu unterrichten sind und Häftlingen jederzeit Zugang zu Rechtsbeiständen ihres Vertrauens gewährt werden muss. Außerdem muss es Gefangenen ermöglicht werden, mit ihren Familien Kontakt zu halten.
Seit Ausbruch der Proteste im Februar 2011 sind tausende mutmaßliche GegnerInnen der syrischen Regierung festgenommen und viele, vermutlich sogar die Mehrzahl, gefoltert und anderweitig misshandelt worden. Amnesty International liegen die Namen von mehr als 470 Menschen vor, die Berichten zufolge in dieser Zeit in Haft gestorben sind. Die Organisation hat außerdem zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen Häftlinge gefoltert oder anderweitig misshandelt wurden. Weitere Informationen zu Fällen von Folter und anderen Misshandlungen an syrischen Häftlingen finden Sie in dem englischen Bericht: "I wanted to die": Syria's torture survivors speak out, online unter:
http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE24/016/2012/en
Die Mehrzahl der von Amnesty International dokumentierten Menschenrechtsverletzungen wurden von den Streitkräften und Milizen der als Shabiha bekannten regierungstreuen Gruppierungen begangen. Doch auch bewaffnete Oppositionskräfte sollen sich Menschenrechtsverstöße schuldig gemacht haben. So sollen sie u. a. gefangengenommene Angehörige der Armee und der Shabiha und auch vermeintliche RegierungsanhängerInnen und mutmaßliche InformantInnen entführt oder getötet haben. Amnesty International verurteilt diese Menschenrechtsverstöße scharf und hat die Führungsebene sämtlicher in Syrien operierender bewaffneter Oppositionsgruppen dazu aufgerufen, derartige Handlungen in einer öffentlichen Bekanntmachung zu verbieten und alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit oppositionelle Gruppen keine Menschenrechtsverstöße mehr begehen. Amnesty International hat in Syrien systematische und weit verbreitete Menschenrechtsverletzungen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und mögliche Kriegsverbrechen dokumentiert (nähere Informationen finden Sie im englischsprachigen Bericht Civilians bearing the brunt in the battle for Aleppo, online unter:
http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE24/073/2012/en)
Auch andere Organisationen haben Menschenrechtsverletzungen in Syrien recherchiert und dokumentiert, so beispielsweise die Unabhängige Internationale Untersuchungskommission der UN zur Situation in der Arabischen Republik Syrien. Die Kommission hat ihren Bericht am 15. August 2012 vorgestellt. Amnesty International ruft weiterhin dazu auf, die Situation in Syrien der Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs zu unterbreiten, ein internationales Waffenembargo gegen das Land zu verhängen und die Vermögenswerte von Präsident al-Assad und seinen engsten Vertrauten einzufrieren. An Staaten, die Waffenlieferungen an die bewaffnete syrische Opposition erwägen, richtet Amnesty International den eindringlichen Appell, mit geeigneten Mechanismen sicherzustellen, dass mit den gelieferten Waffen keine Menschenrechtsverletzungen und/oder Kriegsverbrechen begangen werden. Eine weitere Forderung von Amnesty International betrifft die Entsendung einer mit den notwendigen Ressourcen ausgestatteten internationalen Menschenrechtsbeobachtermission nach Syrien, um dort die Menschenrechtslage effektiv zu überwachen und alle Menschenrechtsverstöße zu ermitteln und öffentlich zu machen.
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STAATSPRÄSIDENT
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Fax: (00 963) 11 332 3410
INNENMINISTER
Major General Mohamad Ibrahim al-Shaar
Ministry of Interior
'Abd al-Rahman Shahbandar Street
Damascus, SYRIEN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 311 0554
AUSSENMINISTER
Walid al-Mu'allim
Ministry of Foreign Affairs
al-Rashid Street, Damascus, SYRIEN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 214 6253
BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK SYRIEN
Frau Abir Jarf
Geschäftsträgerin a. i., Gesandte - Botschaftsrätin
Rauchstr. 25, 10787 Berlin
Fax: 030-5017 7311
E-Mail: info@syrianembassy.de
press@syrianembassy.de
secretary@syrianembassy.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. September 2012