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AKTION/1151: Urgent Action - Israel / besetzte palästinensische Gebiete, Sorge um Häftling nach Hungerstreik


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-212/2012-1, AI-Index: MDE 15/044/2012, Datum: 25. Juli 2012 - ar

Israel / besetzte palästinensische Gebiete
Sorge um Häftling nach Ende seines Hungerstreiks



Herr AKRAM RIKHAWI, 38 Jahre

Akram Rikhawi hat seinen Hungerstreik am 22. Juli nach 102 Tagen beendet, nachdem die israelischen Behörden eingewilligt hatten, ihn sechs Monate früher zu entlassen. Er benötigt dringend fachärztliche medizinische Behandlung für mehrere schwere chronische Erkrankungen. Ein Rechtsbeistand der lokalen NGO Addameer besuchte Akram Rikhawi am 23. Juli und sagte gegenüber Amnesty International, dass Akram Rikhawi seinen Hungerstreik am 22. Juli beendet hatte. Am 23. Juli wurde er dann aus der Einzelhaft entlassen und in eine Zelle mit anderen Gefangenen verlegt. Akram Rikhawi wird derzeit vom israelischen Gefängnisdienst (Israel Prison Service - IPS) im Krankentrakt der Strafvollzugsanstalt von Ramleh festgehalten, wo er nicht angemessen versorgt werden kann. Es ist unklar, ob ihm Ernährungsrichtlinien an die Hand gegeben worden sind, um sicherzustellen, dass er sich nach seinem langen Hungerstreik richtig ernährt. Dies ist vor allem deshalb wichtig, weil er derzeit offenbar im Rahmen des islamischen Fastenmonats Ramadan tagsüber fastet. Während seines Hungerstreiks hatte Akram Rikhawi nur zweimal Zugang zu einem unabhängigen Arzt der Nichtregierungsorganisation Physicians for Human Rights - Israel (PHR-I). Am 6. Juni und 4. Juli suchte ihn ein Arzt auf und empfahl unter anderem, Akram Rikhawi von einem Lungenspezialisten untersuchen zu lassen und auch sein rechtes Auge zu untersuchen, da er möglicherweise an grauem Star leide und gegebenenfalls eine Operation notwendig sei. PHR-I hat bereits mehrfach beantragt, Akram Rikhawi regelmäßigen Zugang zu einem unabhängigen Arzt zu gewähren.

Am 19. Juli drückten Addameer, PHR-I und die örtliche Menschenrechtsorganisationen al-Haq in einer gemeinsamen Stellungnahme erneut ihre Sorge um Akram Rikhawi aus, da sich sein Gesundheitszustand weiterhin verschlechtere. Zuvor hatte er Besuch von RechtsanwältInnen erhalten, deren Angaben zufolge er offenbar weder seine linke Hand noch sein linkes Bein bewegen konnte. Des Weiteren teilten sie mit, dass Akram Rikhawi am 17. Juli mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen sei und daraufhin kurz im Assaf-Harofeh-Krankenhaus behandelt wurde.

Akram Rikhawi leidet unter chronischen Erkrankungen, darunter Diabetes, Asthma, Osteoporose und erhöhte Cholesterinwerte. Nach Einschätzung eines Arztes von PHR-I hat man ihm in hoher Dosierung Steroide gegen das Asthma verabreicht, "die schwere langfristige und irreversible Schäden auslösen können".


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Akram Rikhawi war im Jahr 2004 von den israelischen Sicherheitskräften an einer Kontrollstelle festgenommen worden, die er passieren musste, um zu seiner Wohnung in Rafah im Gazastreifen zu gelangen. Noch im selben Jahr hatte ihn ein Militärgericht zu neun Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Aufgrund welcher Gesetzesverstöße die Strafe verhängt worden ist, ist Amnesty International nicht bekannt.

Akram Rikhawi ist einer von rund 2.000 palästinensischen Strafgefangenen und Untersuchungshäftlingen, die jüngst aus Protest gegen ihre schlechten Haftbedingungen, wie z. B. Einzelhaft, die Verweigerung von Familienbesuchen und Inhaftierung ohne Anklage in den Hungerstreik getreten waren. Am 14. Mai kam es unter ägyptischer Vermittlung zu einer Vereinbarung, die den Hungerstreik beendete. Israel sicherte unter anderem zu, die Isolationshaft von 19 Gefangenen zu beenden und das gegen aus dem Gazastreifen stammende Gefangene verhängte Verbot von Familienbesuchen aufzuheben. Zwischen dem 16. und dem 23. Juli durften etwa 92 Familienmitglieder von Gefangenen, die aus dem Gazastreifen stammen und in Südisrael inhaftiert sind, erstmals seit 2007 ihre Angehörigen im Ramon-Gefängnis (bekannt auch unter der Bezeichnung Nafkha-Gefängnis) besuchen. Akram Rikhawi wurde ein solcher Besuch jedoch nicht gestattet. Er hat seine im Gazastreifen wohnhafte Familie seit 2006 nicht mehr gesehen.

Akram Rikhawi begann mit seinem Hungerstreik, um gegen seine unzureichende medizinische Versorgung im Gefängnis zu protestieren. Zuvor hatte er zwei Anträge auf vorzeitige Haftentlassung gestellt, die jedoch beide Male abgelehnt worden waren. Die Nichtregierungsorganisation Physicians for Human Rights - Israel (PHR-I) hat bereits mehrfach beim IPS und schließlich auch in einer Eingabe an das Bezirksgericht beantragt, einen unabhängigen Mediziner zu Akram Rikhawi vorzulassen. Eine solche Untersuchung wurde ihm jedoch bisher erst zweimal gewährt.

Am 24. Juni wurde Akram Rikhawi ins öffentliche Assaf-Harofeh-Krankenhaus gebracht, wo man ihn zwei Tage lang bis zu seiner Rückverlegung ins Gefängnis an das Bett ankettete. Dies stellt eine Form der Misshandlung dar.

Aussagen von Addameer zufolge befinden sich noch mindestens drei weitere palästinensische Männer in israelischen Gefängnissen im Hungertreik. Hassan Safadi und Samer al-Barq protestieren in dieser Weise gegen ihre Inhaftierung ohne Anklage (siehe UA-119/2012-5). Ayman Sharawna wurde am 31. Januar festgenommen - drei Monate, nachdem er als Teil eines Gefangenenaustauschs im Oktober 2011 freigelassen worden war. Damals ließen die israelischen Behörden 477 palästinensische Gefangene im Austausch für den israelischen Soldaten Gilad Shalit frei, welcher seit dem 25. Juni 2006 in palästinensischer Haft befunden hatte. Er war damals von bewaffneten Palästinensergruppen aus Gaza in einer grenzüberschreitenden Razzia gefangen genommen worden. Addameer zufolge haben die israelischen Behörden mitgeteilt, dass Ayman Sharawna sich nicht an die Auflagen seiner Freilassung gehalten habe und jetzt den Rest seiner Gefängnisstrafe verbüße. Er ist am 1. Juli 2012 aus Protest gegen seine erneute Inhaftierung in den Hungerstreik getreten. Alle drei Männer sollen in Einzelhaft gehalten werden.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte ergreifen Sie umgehend Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Akram Rikhawi angemessen medizinisch versorgt wird. Dazu gehören weitere Untersuchungen in entsprechend ausgestatteten zivilen Kliniken. Stellen Sie bitte sicher, dass Akram Rikhawi Zugang zu einem unabhängigen Arzt seines Vertrauens erhält.

APPELLE AN

STELLVERTRETENDER MINISTERPRÄSIDENT UND VERTEIDIGUNGSMINISTER
Ehud Barak
Ministry of Defence
37 Kaplan Street, Hakirya
Tel Aviv 61909, ISRAEL
(korrekte Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 972) 3 69 16940 oder (00 972) 3 69 62757

LEITER DER GEEFÄNGNISVERWALTUNG
Lieutenant-General Aharon Franco
Israel Prison Service, PO Box 81
Ramleh 72100, ISRAEL
(korrekte Anrede: Dear Lieutenant-General / Sehr geehrter Herr Generalleutnant)
Fax: (00 972) 8 919 3800


KOPIEN AN

MILITÄRISCHER GENERALANWALT
Brigadier General Danny Efroni
6 David Elazar Street
Hakirya, Tel Aviv, ISRAEL
(korrekte Anrede: Dear Judge Advocate /
Sehr geehrter Herr Generalanwalt)
Fax: (00 972) 3 569 4526
E-Mail: avimn@idf.gov.il

BOTSCHAFT DES STAATES ISRAEL
S.E. Herrn Jaakov Hadas-Handelsman
Auguste-Viktoria-Straße 74-76
14193 Berlin
Fax: 030-8904 5555
E-Mail: botschaft@israel.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Hebräisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 4. September 2012 keine Appelle mehr zu verschicken. Weitere Informationen zu UA-212/2012 (MDE 15/040/2012, 16. Juli 2012)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the authorities to ensure that Akram Rikhawi is given full access to specialized medical treatment for his conditions, including any further examinations he requires in civilian hospitals with specialized facilities, and access to an independent doctor of his choice.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-212/2012-1, AI-Index: MDE 15/044/2012, Datum: 25. Juli 2012 - ar
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juli 2012