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AKTION/1137: Urgent Action - Japan, Neuer Justizminister spricht sich für Hinrichtungen aus


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-211/2012, AI-Index: ASA 22/011/2012, Datum: 17. Juli 2012 - mr

Japan
Neuer Justizminister spricht sich für Hinrichtungen aus



Mehr als 130 ZUM TODE VERURTEILTE GEFANGENE

Die verurteilten Menschen in den japanischen Todeszellen sind in großer Gefahr hingerichtet zu werden, nachdem sich der am 4. Juni ernannte Justizminister für die Beibehaltung der Todesstrafe ausgesprochen hat. Schätzungen zufolge befinden sich über 130 Gefangene in Todeszellen. Ihnen allen droht jetzt unmittelbar die Hinrichtung.

Der kürzlich ernannte Justizminister hat sich positiv zur Beibehaltung der Todesstrafe geäußert, da sie im japanischen Justizsystem bereits verankert sei. Amnesty International geht daher davon aus, dass ein hohes Risiko besteht, dass bald weitere Hinrichtungen vollstreckt werden.

In Japan werden Todesurteile durch Erhängen vollstreckt und finden meist im Geheimen statt. Den Verurteilten wird entweder erst einige Stunden vor der Exekution oder gar nicht im Vorhinein mitgeteilt, dass sie hingerichtet werden. Gefangene im Todestrakt, die bereits alle Rechtsmittel ausgeschöpft haben, müssen also täglich mit der Hinrichtung rechnen. Die Familien werden üblicherweise erst nach der Vollstreckung des Todesurteils informiert.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Nach 20 Monaten ohne die Vollstreckung von Todesurteilen genehmigte der ehemalige japanische Justizminister Toshio Ogawa, der die Wiederaufnahme von Hinrichtungen als Teil seiner Aufgabe betrachtete, 2012 das Erhängen von drei Männern. Am 29. März wurde der 46-jährige Tomoyuki Furusawa im Gefängnis von Tokio hingerichtet, der 48-jährige Yasuaki Uwabe starb im Gefängnis von Hiroshima durch den Strang und der 44-jährige Yasutoshi Matsuda wurde in Fukuoka hingerichtet. Die Rechtsbeistände von Yasuaki Uwabe hatten ihre Sorge darüber zum Ausdruck gebracht, dass er an einer psychischen Erkrankung litt, die Gerichte kamen dennoch zu dem Schluss, dass er sich vor Gericht verantworten müsse. Obwohl allen Gefangenen im Todestrakt die Hinrichtung droht, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die AnhängerInnen der Sekte Aum Shinrikyo in unmittelbarer Gefahr sind, hingerichtet zu werden, gering. Die Mitglieder von Aum Shinrikyo wurden der Beteiligung an dem Giftgasanschlag auf die U-Bahn in Tokio im Jahr 1995 schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Grund für die geringere Hinrichtungsgefahr in ihrem Fall ist, dass die Gerichtsverfahren gegen die drei Anhänger der Sekte Kikuchi Naoko, Takahashi Katsuya und Hirata Makoto noch nicht abgeschlossen sind. Nach Paragraph 475 der japanischen Strafprozessordnung sollen Todesurteile jedoch erst vollstreckt werden, wenn auch die Strafverfahren aller Mitangeklagten abgeschlossen sind.

Amnesty International wendet sich ungeachtet der Art des Verbrechens, der Person des Täters oder der Hinrichtungsmethode ausnahmslos gegen die Todesstrafe, da sie gegen das Recht auf Leben verstößt und die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen darstellt.

Bisher haben über zwei Drittel aller Länder dieser Welt die Todesstrafe gesetzlich oder in der Praxis abgeschafft. Im Jahr 2011 wurden in Japan keine Todesurteile vollstreckt, es war damit in einem Zeitraum von 19 Jahren das erste Jahr ohne Hinrichtungen. 17 der 41 Länder der asiatisch-pazifischen Region haben die Todesstrafe für alle Straftaten abgeschafft, zehn Länder haben sie in der Praxis abgeschafft und ein Land - Fidschi - verhängt die Todesstrafe nur bei außergewöhnlichen militärischen Straftaten.

Mehrere internationale und regionale zwischenstaatliche Organisationen haben eine Empfehlung zur Abschaffung der Todesstrafe mit dem Ziel der Stärkung des Rechts auf Leben abgegeben. Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR), zu dessen Vertragsstaaten Japan zählt, lässt die Verhängung der Todesstrafe zwar unter gewissen Umständen zu, doch das Kontrollorgan des IPBPR legt den Artikel 6.6 in der Weise aus, dass er sich "in einer Form grundsätzlich auf die Abschaffung [der Todesstrafe]" bezieht, die "sehr nahe legt, dass die Abschaffung wünschenswert ist".

In der Resolution 2005/59, die am 20. April 2005 verabschiedet wurde, legt der UN-Menschenrechtsausschuss dar, dass "die Abschaffung der Todesstrafe zur Förderung der Menschenwürde und der fortschreitenden Entfaltung der Menschenrechte beiträgt" und die "Abschaffung der Todesstrafe für den Schutz [des Rechts auf Leben] unerlässlich ist."

Die UN-Generalversammlung hat bereits in drei Resolutionen - 62/168 (Dezember 2007), 63/168 (2008) und 65/206 (2010) - die Staaten, die an der Todesstrafe festhalten, aufgerufen, ein Hinrichtungsmoratorium zu verhängen, das darauf abzielt, die Todesstrafe ganz abzuschaffen.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE UND LUFTPOSTBRIEFE, MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie auf, keine Hinrichtungsbefehle zu unterzeichnen
  • Bitte erlassen Sie unverzüglich ein Hinrichtungsmoratorium mit Blick auf die vollständige Abschaffung der Todesstrafe und ermöglichen Sie eine öffentliche Diskussion über die Frage der Todesstrafe in Japan.

APPELLE AN

JUSTIZMINISTER
TAKI Makoto
1-1-1 Kasumigaseki
Chiyoda-ku
Tokyo 100-8977
JAPAN
(korrekte Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 81) 33 592 7008


KOPIEN AN

MINISTERPRÄSIDENT
NODA Yoshihiko
1-6-1 Nagata-cho, Chiyoda-ku
Tokyo 100-8968
JAPAN
(korrekte Anrede: Dear Prime Minister / Sehr geehrter Herr Ministerpräsident)
Fax: (00 81) 33 581 3883
E-Mail: über die Internetseite:
http://www.kantei.go.jp/foreign/forms/comment_ssl.html

BOTSCHAFT VON JAPAN
S.E. Herrn Takeshi Nakane
Hiroshimastraße 6
10785 Berlin
Fax: 030-2109 4222
E-Mail: info@bo.mofa.go.jp oder info@botschaft-japan.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Japanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 28. August 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the Minister of Justice not to sign any executions warrants.
  • Urging the Minister of Justice to introduce a moratorium on executions in Japan and to encourage more national debate on the death penalty with a view to its full abolition.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-211/2012, AI-Index: ASA 22/011/2012, Datum: 17. Juli 2012 - mr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Juli 2012