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BUCHBESPRECHUNG/145: Der Falke - Taschenkalender für Vogelbeobachter 2022 (SB)


Der Falke - Taschenkalender für Vogelbeobachter 2022
oder Warum ich den Kalender von 2012 noch immer schätze




Man kann sich gewiss lange darüber streiten, was in einen so Zielgruppen orientierten Kalender gehört und was nicht. Die über Jahre gewonnene Erfahrung mag ein Ratgeber sein, sowie die eigene Passion - und auch der Neuling will angesprochen werden. So lohnt ein Blick zurück. Zwar lebt ein Kalender von seiner Aktualität, aber auch von seiner Geschichte. Gern greife ich hin und wieder zu der einen oder anderen älteren Version dieses Jahresbegleiters, die ich nicht allein aufgrund der in ihr befindlichen Notizen noch bei mir liegen habe. Sagen wir einfach einmal 10 Jahre zurück, Taschenkalender 2012: aus meiner Sicht ein Beispiel, wie sowohl die/der Passionierte als die/der Neugierige und Interessierte zugleich angesprochen werden kann.

Unter anderem findet sich hier neben monatlichen Vogelporträts - auch des Rotkehlchens, Vogel des Jahres 2021, was man damals noch nicht wissen konnte - eine Reihe heute noch sehr lesenswerter Artikel. Genannt seien nur die ausführliche Darlegung "Geographische Informationssysteme in der Feldornithologie" und die so aufschlussreiche wie anregende Stellungnahme Hans-Heiner Bergmanns zur "Schlamperei in der Sprache der Vogelkundler: Optimal ist nicht optimal". Mein Lieblingsartikel in speziell diesem Kalender ist allerdings "Buchbesprechungen: Die Sicht des Lesers und die Sicht des Autors", vom selben Autor verfasst, über schlampige Rezensionen und solche, die eine Hilfestellung für die Korrektur bislang unerkannter Schwächen des besprochenen Werkes sein können. Mit anderen Worten: Auch, wenn ein Vogelbeobachter sich unter Umständen fragen mag, wie derlei Ausführungen in diese Art Jahresbegleiter gelangt sein mögen, stelle ich doch etwas wehmütig fest, wie er sich heuer auf ein funktionales Kalender-Dasein reduziert.

Ist es vielleicht der Vermutung geschuldet, dass heute einfach weniger gelesen wird als vor 10 Jahren oder dass heute die Geduld nicht reicht, um etwas vom Wege abzukommen? Aber halt, welche Geduld sollte ein Mensch, der ewig an einem Fleck aushält, weil dort drüben ein Falke seinen Horst gebaut hat, nicht haben?

Zugegeben, die wohl statt der Artikel in den Kalender regulär aufgenommenen Rubriken "Liste der Artnamen", der "Gesangskalender" sowie die "Liste der Vogelbeobachtungsplätze in Deutschland" machen in ihrer Wiederholung und Aktualisierung in einem solchen Büchlein Sinn. Den machte allerdings auch die entfallene Veranstaltungsübersicht zum Thema Vogelbeobachtung.

Auch in diesem Jahr fehlen nicht die Adressen aus dem Bereich Vogelkunde und Vogelschutz wie Vogelschutzwarten, Naturschutzbehörden, Forschungsinstitute und Museen, Vereine und Verbände und Avifaunistische Kommissionen. Hilfreich sind die täglich verzeichneten Sonnenauf- und -untergangs sowie Mondauf- und -untergangszeiten sowie Voll-, Sichel- und Neumond. Die Beobachtung nächtlich ziehender Vögel um den Vollmondtermin herum ist abenteuerlich und spielt keine unwichtige Rolle bei der Erforschung des Vogelzuges.

Die Beobachtungsliste (führt Artnamen und Status der in Deutschland regelmäßig vorkommenden Brut- und Gastvogelarten) wurde auf einen aktuellen Stand gebracht, da die Systematik der Vögel insbesondere durch molekulargenetische Untersuchungen gewaltige Umbrüche erfahren habe. Ganze Ordnungen seien verschoben, Familien und Gattungen neu gefasst worden und wissenschaftliche Namen angepasst. Wenn man nicht ohnehin mit dem Thema befasst ist, lohnt sich möglicherweise ein eingehenderes Studium dieser Übersicht, um Überraschungen zu vermeiden. Mittlerweile, heisst es, schlage sich diese Entwicklung auch in den offiziellen internationalen und für Vögel in Deutschland geführten Listen sowie in den neuen Bestimmungsbüchern nieder.

Dieser Kalender ist also - trotz wehmütigen Rückblicks auf 2012 - wie jedes Jahr den Vogelentusiast(inn)en als funktionaler Begleiter zu empfehlen.

13. September 2021


Der Falke
Taschenkalender für Vogelbeobachter 2022
AULA-Verlag GmbH, Wiebelsheim 2021
256 Seiten, (D) 7,90 EUR, (A) 8,20 Euro
ISBN 978-3-89104-846-7


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