Schattenblick →INFOPOOL →BUCH → BIOGRAPHIE

REZENSION/023: Denis Goldberg - Der Auftrag. Ein Leben für die Freiheit in Südafrika (SB)


Denis Goldberg


Der Auftrag

Ein Leben für die Freiheit in Südafrika



Der 1933 in Kapstadt als Sohn jüdischer Emigranten aus Litauen geborene Südafrikaner Denis Goldberg hat seiner im April 2010 im Verlag Assoziation A erschienenen Autobiographie sicherlich mit großem Bedacht den Titel "Der Auftrag - Ein Leben für die Freiheit in Südafrika" gegeben. Um seine persönliche, aufs engste mit der Geschichte des durch den Afrikanischen Nationalkongreß (ANC) geführten Befreiungskampfes gegen das Apartheidsregime Südafrikas verbundene Lebensgeschichte zu betiteln, wäre "Ein Leben für die Freiheit in Südafrika" vielleicht ausreichend gewesen. Goldberg, der dem Oberkommando des 1961 gegründeten bewaffneten Arms des ANC, Umkhonto we Sizwe (MK, "Speer der Nation") als technischer Offizier angehört hatte und im Juni 1964 im sogenannten Rivonia-Prozeß gegen die damalige Führung des ANC mit Nelson Mandela und weiteren Comrades zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, bringt mit dem Buchtitel "Der Auftrag" zum Ausdruck, daß er sich nach seiner Freilassung im Jahre 1985 wie auch nach dem Ende der Apartheid 1994 in der politischen Pflicht sah und noch heute sieht, an der Befreiung und dem Niederreißen noch immer bestehender Mauern in Südafrika mitzuwirken.

Diese Verpflichtung stellt für den heute 77jährigen eine politische Selbstverständlichkeit dar und ist gleichermaßen dem Andenken all der Gefährten gewidmet, die den südafrikanischen Befreiungskampf nicht überlebt haben. Es versteht sich von selbst, daß das Abfassen dieser mit knapp 300 Seiten durchaus umfangreichen Autobiographie für Denis Goldberg nicht immer leicht gewesen sein kann, da es mit dem intensiven Wiedererleben schmerzlichster Erinnerungen verknüpft ist, die dem Autor, wie er freimütig bekennt, schlaflose Nächte bereitet haben. Goldberg selbst bringt in seinem Vorwort die Hoffnung zum Ausdruck, daß seine Leser verstehen werden, "warum ich mich so stark und ausdauernd im Befreiungskampf gegen die Apartheid eingesetzt habe und warum ich noch heute in Kulturinitiativen in Hout Bay nahe meiner Heimatstadt Kapstadt engagiert bin" (S. 8).

All denjenigen, die sich bei der Frage ertappen, warum sich ein weißer Südafrikaner, der doch von den Privilegien seiner Rasse im Apartheidsystem profitieren konnte, dem auf Leben und Tod geführten Befreiungskampf des ANC angeschlossen hat, kann die Lektüre dieser Autobiographie ebenso wärmstens empfohlen werden wie allen anderen, an der Geschichte, Gegenwart und Zukunft Südafrikas interessierten Lesern. Goldberg organisierte sich schon in jungen Jahren in der noch vor dem ANC illegalisierten Kommunistischen Partei Südafrikas (SACP) und ist seiner politischen Überzeugung, derzufolge die Apartheid nicht (allein) als "nationale Unterdrückung" verstanden werden kann, sondern von der "Unterdrückung durch die Klassengesellschaft" (S. 213) nicht zu trennen ist, bis heute treu geblieben. Goldbergs Autobiographie, um diesem etwaigen Mißverständnis gleich vorzubeugen, ist keineswegs theorielastig, nehmen doch seine ebenso interessanten wie aufschlußreichen diesbezüglichen Ausführungen und Erläuterungen eine keineswegs dominierende Rolle ein.

Ursprünglich hätte das Buch "Leben! Leben ist wunderbar" heißen sollen. Mit einem solchen Titel hätte Goldberg auf seinen Ausspruch unmittelbar nach der Urteilsverkündung im Rivonia-Prozeß gegen Nelson Mandela, ihn und sechs weitere wegen Hochverrat verurteilte ANC-Mitglieder des MK-Oberkommandos Bezug genommen, die sich, da dies der damaligen Praxis des Apartheidsregimes entsprochen hätte, auf eine Verurteilung zum Tode gefaßt gemacht hatten. Goldbergs im Gerichtssaal anwesende Mutter hatte im Tumult das Urteil nicht hören können und auf ihre bange Frage "Was ist?" hatte Goldberg mit den bekannt gewordenen Worten geantwortet. Der Autor entschied sich jedoch aus Gründen, die zu verstehen er seinen Lesern anheimstellt, für den Buchtitel "Der Auftrag", zu dessen Erfüllung die Erstellung dieser Autobiographie ihren Beitrag leistete.

Sie ist ein Geschichtsbuch oder vielmehr Antigeschichtsbuch im ursprünglichsten Wortverständnis, demzufolge die (Lebens-) Geschichte eines Menschen von den Menschen in seiner Umgebung nicht zu trennen ist, denen er sich zugehörig fühlt. Wer die jüngere "Geschichte" Südafrikas und speziell den Befreiungskampf des ANC kennenlernen oder seinen bisherigen Kenntnisstand vertiefen möchte, hat mit der ebenso persönlichen wie politischen Lebensgeschichte eines Menschen wie Denis Goldberg konkretere Anhaltspunkte an der Hand und einen substanzielleren Zugriff, als es Publikationen aus geschichtswissenschaftlicher Feder selbst dann, wenn diese von einer Parteinahme für den Antiapartheidskampf getragen sind, zu leisten imstande sein können.

Dies liegt insbesondere daran, daß der Autor sich auch in persönlicher Hinsicht voll und ganz greifbar macht und in der gebotenen Behutsamkeit, da die Menschen in seiner nächsten Umgebung, also Familienangehörige, Freunde und vor allem auch Comrades, in ihren jeweiligen Beziehungen und etwaigen Konflikten Erwähnung finden, zum Ausdruck bringt, was in allgemein gehaltenen Werken als "Privatleben" ausgeklammert bleiben würde. Da von einem Privatleben in einem solchen konventionellen Verständnis bei Denis Goldberg nicht die Rede sein kann, weil der von ihm von Beginn an vehement befürwortete bewaffnete Kampf des ANC ihm Lebensinhalt geworden war, ist ihm mit dieser Autobiographie ein zeitgeschichtliches Zeugnis gelungen, dessen politische Nutzanwendung sich keineswegs darauf beschränkt, die Erinnerung an Umkhonto we Sizwe auch nach fast fünf Jahrzehnten wachzuhalten, da es die Sorge um die Zukunft Südafrikas einschließt.

Denis Goldberg klagt in und mit diesem Buch niemanden an. Dies macht die Schilderungen nur umso eindringlicher und überzeugender, da er seinen Lesern und Leserinnen stets Raum genug läßt, ihrerseits schon beim Lesen Stellung zu beziehen und im eigenen Tempo und gemäß der eigenen politischen Einstellung wie auch dem emotionalen Erleben nach- und mitzuvollziehen, warum die Führung des ANC, der 1912 gegründet worden war und, von Gandhi stark beeinflußt, vom Prinzip der Gewaltlosigkeit jahrzehntelang nicht abgewichen war, Anfang der 1960er Jahren in vergleichsweise kurzer Zeit den Beschluß, die Institutionen und Machtmittel des Apartheidsregimes mit Waffengewalt anzugreifen, nicht nur gefällt, sondern auch umzusetzen begonnen hatte. Zuvor waren lange, lange Zeit Petitionen, Appelle und Forderungen, Demonstrationen, Streiks und Proteste nicht nur ergebnislos geblieben, was die Gewährung gleicher Rechte für alle in Südafrika lebenden Menschen betraf, sondern mit immer härteren repressiven Maßnahmen beantwortet worden.

Hätten die führenden westlichen Staaten den vom ANC seit seiner Gründung erhobenen Demokratieforderungen Nachdruck verleihen wollen, hätten sie reiflich Gelegenheit dazu gehabt, den von den Apartheidsgegnern in sie gesetzten Hoffnungen gerecht zu werden. Goldberg schreibt, daß das Regime das vom ANC über so lange Zeit in Ehren gehaltene Prinzip der Gewaltlosigkeit stets als dessen Schwäche ausgelegt hätte und schildert, daß es vielen jüngeren ANC-Aktivisten, als die ohnehin repressiven Verhältnisse durch den nach dem Massaker von Sharpeville 1960 verhängten Ausnahmezustand noch massiv zugespitzt worden waren, gar nicht schnell genug gehen konnte, den bewaffneten Kampf aufzunehmen, während etliche andere, auch gestandene Anführer, dem Konzept eines bewaffneten Aufstandes mit großer Skepsis gegenüberstanden. Goldberg begründete seine damalige Position folgendermaßen:

Der bewaffnete Kampf sollte die Massenaktionen, die nach wie vor die Grundlage der Allianz-Politik darstellten, als zusätzliche Strategie ergänzen. Wo immer ich konnte, habe ich mich für den bewaffneten Kampf ausgesprochen. Ich war während des Zweiten Weltkrieges aufgewachsen und hatte gesehen, dass die Partisanen hinter den Linien der Nazi-Armeen sehr viel ausrichten konnten. Auch in Kuba und Algerien kämpften Guerilleros für die Freiheit. Mir war im Kampf nicht jedes Mittel recht, aber ich hatte keinen Zweifel, dass in Südafrika ein Krieg gegen die Polizei- und Militärkräfte notwendig war. Ein von Prinzipien geleiteter Kampf: Wir wollten nicht mit terroristischen Methoden vorgehen, etwa gegen Individuen oder unbeteiligte Zivilisten. Wir kämpften für ein politisches Ziel, die Freiheit, und niemals zum eigenen persönlichen Vorteil. Unsere Gegner waren die Polizei- und Militärkräfte des Staates. Nur so konnten wir der weißen Minderheitsregierung zeigen, dass sie nicht bis in alle Ewigkeit regieren konnte.
(S. 66)

Vermutlich durch Verrat konnte das gesamte Oberkommando Umkhonto we Sizwes am 11. Juli 1963 auf der Liliesleaf-Farm von der südafrikanischen Polizei festgenommen werden, nachdem der bewaffnete Arm des ANC erstmals am 16. Dezember 1961 mit mehreren Sabotageakten auf die Infrastruktur des Apartheidstaates in Erscheinung getreten war. In einem vom Oberkommando unter Leitung Nelson Mandelas zur Gründung Umkhonto we Sizwes verfaßten und im ganzen Land plakatierten Manifest war verkündet worden, daß die unterdrückte Bevölkerung Südafrikas nur die Wahl zwischen Unterdrückung und Kampf hätte und daß sie von nun an mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln ihre Freiheit und Zukunft verteidigen werde. Schon in diesem Manifest hatte der ANC der Gegenseite seine Verhandlungsbereitschaft signalisiert, sollte die Regierung dies ihrerseits tun.

Davon konnte in den frühen 1960er Jahren nicht die Rede sein, was nicht zuletzt auch an der kompromißlosen Linie der westlichen Staaten gelegen haben dürfte, die alsbald die Lesart der Apartheidsregierung, die ihre Gegner im ANC zu "Terroristen" erklärte, mit allen damit verbundenen Implikationen übernahm. In der Hochphase des damaligen Kalten Krieges waren namentlich die USA in militärischer Hinsicht an Südafrika interessiert, wo sie, wie Goldbergs Autographie zu entnehmen ist, im ganzen Land Highways bauen ließen, um nach Belieben Raketen transportieren zu können. Ein demokratisches Südafrika unter einer ANC-Regierung, die sich der von allen Oppositionsgruppen 1955 verfaßten Freiheitscharta verpflichtet gesehen hätte, wäre im Gegensatz zu den burisch-britischen "weißen" Machthabern aller Voraussicht nach nicht der willfährige Partner westlich-imperialistischer Staaten gewesen, nach dem diese verlangten.

So ist es heute ein offenes Geheimnis und auch bei Goldberg nachzulesen, daß Nelson Mandela von der CIA verraten wurde. Ohnehin stehen westliche Geheimdienste, ohne daß bis heute die Frage, wie es zur Aushebung des MK-Oberkommandos auf der Liliesleaf-Farm kommen konnte, einwandfrei hätte geklärt werden können, was Goldberg umso erstaunlicher findet, weil sich die Unterlagen der südafrikanischen Geheimdienste und Sicherheitsorgane seit der Regierungsübernahme durch den ANC in "unserer Hand" befinden, in dem Ruch einer Beteiligung, zumal sie die vorherigen Auslandsreisen Mandelas akribisch beobachtet hatten. Erschwerend kam hinzu, daß die Weltsicherheitsratsmitglieder Britannien und USA in jenen Jahren stets ihre schützende Hand über das Regime am Kap hielten und die Verhängung wirkungsvoller Sanktionen verhinderten.

Im Zuge des Rivonia-Prozesses schildert Goldberg unter anderem, daß die - von ihm wegen der Apartheid getrennt inhaftierten - Comrades um Mandela den Beschluß gefaßt hatten, im Falle eines Todesurteils nicht in die Berufung zu gehen. Die damalige ANC-Führung hatte sich zu diesem von Goldberg akzeptierten Schritt entschlossen in der Annahme, daß es infolge ihrer Hinrichtung zu einem Volksaufstand und damit zum Sturz des Regimes kommen würde. Über die Plausibilität dieser Einschätzung ließe sich streiten. Tatsache ist allerdings, daß die damals übliche Todesstrafenpraxis bei diesen im Widerstand führenden Angeklagten durchbrochen wurde. Es folgten für die ANC-Gefangenen wie auch für die noch weitere drei Jahrzehnte unterdrückte Bevölkerung Südafrikas eine Fortsetzung bitterster Verhältnisse, ohne daß der vom ANC organisierte und durch diesen Festnahmeerfolg erheblich geschwächte Befreiungskampf je aufgegeben worden wäre.

Die Schilderung der langen Haftjahre - Denis Goldberg blieb 22 Jahre in Haft, bevor er am 28. Februar 1985 nach, wie er schreibt, 7.904 Tagen entlassen wurde - nimmt aus naheliegenden Gründen einen breiten Raum in seiner Biographie ein und stellt einen besonders eindringlichen Teil seines Zeugnisses dar, weil es die Grausamkeit eines Regimes, das sich der wenn auch klammheimlichen Protektion der westlichen Welt sicher wähnen konnte, in seinem systematisierten Bestreben, den politischen Widerstand zu brechen und sich seiner Gegner zu entledigen, auf den Punkt bringt. Doch auch in der Haft gaben die ANC'ler ihren Zusammenhalt und damit Widerstand nicht auf:

Wir hatten die gleiche politische Überzeugung und den gleichen Feind; das war eine sehr mächtige, verbindende Kraft. Keiner von uns schämte sich, im Gefängnis zu sein. Im Gegenteil, wir waren stolz darauf. Und dieser Stolz nährte uns. Er gab uns Kraft. Tatsächlich waren wir für die draußen - und sogar die "Kurzzeitgefangenen" - lebende Symbole des Widerstands, der sogar hinter Mauern weiterlebte.
(S. 132)

Goldberg legt in seinen Schilderungen Wert darauf, daß diese Kraft, dieser Stolz nicht fehlinterpretiert wird als Heldentum. Nach den Aufständen in Soweto 1976 kamen jüngere politische Gefangene ins Gefängnis, die alsbald Fluchtpläne schmiedeten, von denen die übrigen ANC-Gefangenen inklusive Goldbergs elektrisiert wurden. Tatsächlich gelang drei Gefangenen mit tatkräftiger Unterstützung der Zurückbleibenden und mit Billigung des ANC eine Flucht, wie sie spektakulärer kaum hätte sein können, da sie dem Regime einen Ansehensverlust bescherte. Die "Rache" ließ nicht lange auf sich warten und stellte für die zu lebenslanger Haft Verurteilten ein Martyrium dar. Sie wurden in unmittelbare Nähe der Hinrichtungsstätte verlegt und mußten das qualvolle Erhängen, die langen Stunden der Todesangst und die verzweifelten Gesänge der übrigen Todeskandidaten miterleben. Zwei Jahre und acht Monate lang, bei zwei bis vier Exekutionen pro Woche. Goldberg war schon nach seiner Verurteilung im Juni 1964 im Zentralgefängnis von Pretoria in der Nähe des Todestraktes untergebracht worden, wo auch drei ANC-Comrades aus Port Elizabeth hingerichtet wurden:

Die ganze Nacht hindurch sangen die Gefangenen die Internationale, Nkosi Sikelel'i Afrika und viele andere Lieder. Meine weißen Mitgefangenen hatten so große Angst vor den Schikanen der Wärter, dass sie den Mund nicht aufmachten. Auch ich sollte nicht singen, weil dann alle bestraft worden wären. Ich habe mich daran gehalten. Ich war gerade selber der Todesstrafe entronnen und nicht in bester Verfassung. Man ist nicht immer mutig. Mut ist eine relative Sache. Auch politische Gefangene sind nicht immer Helden. Revolutionäre sind keine Übermenschen, auch sie leiden und weinen. Bis heute tut es mir leid, dass ich nicht mit Vuyisile Mini und seinen beiden Comrades gesungen habe. Sie sind am 4. November 1964 hingerichtet worden.
(S. 172)

1985 bot das Apartheidsregime den Langzeitgefangenen, auch denen aus dem Rivonia-Prozeß, eine bedingte Freilassung an. Einzige Bedingung war, daß sie den bewaffneten Kampf aufgaben. Die (schwarzen) Gefangenen auf Robben Island um Nelson Mandela lehnten zu diesem Zeitpunkt ab, Denis Goldberg akzeptierte schließlich und vollzog diesen Schritt mit Billigung der ANC-Führung. Seine Freilassung stellte so etwas wie einen Testballon dar in einer Situation, in der im ANC die Überzeugung vorherrschte, daß das Regime militärisch nicht zu besiegen sei. Mit dem bevorstehenden Ende des Kalten Krieges zeichnete sich eine Veränderung der weltpolitischen Lage zwischen den Systemkontrahenten ab, die ihre Auswirkungen auch auf Südafrika zeitigen sollte. Die westlichen Verbündeten des Regimes, die ungeachtet der offiziellen Ächtung durch die Vereinten Nationen an Südafrika als antikommunistischem Stützpunkt festgehalten hatten, signalisierten ihr Interesse an einem sanften Übergang zu demokratischen Verhältnissen in der Kap-Republik. Geheimverhandlungen mit Mandela waren die Folge und führten 1990 zu dessen Freilassung und 1994, nach einer bürgerkriegsähnlichen Übergangssituation, zu den ersten freien Wahlen und daraus hervorgehend der ersten Regierungszeit des ANC sowie der Präsidentschaft Mandelas.

Der letzte Apartheidspräsident, Frederik Willem de Klerk, sollte anläßlich des 20. Jahrestages der Freilassung Mandelas erklären, daß diese seinerzeit eine "Katastrophe" verhindert habe und daß sich die Aussichten auf eine zufriedenstellende Regelung mit jeder weiteren Phase von Revolution und Unterdrückung weiter verschlechtert hätte. Denis Goldberg war in all den Jahren nach seiner Entlassung der ihm selbstverständlichen politischen Verpflichtung nachgekommen, unermüdlich, wenn auch nicht mehr mit militärischen Mitteln, gegen das Apartheidsregime zu kämpfen. Ihm war schon bei seiner Freilassung 1985 daran gelegen gewesen, "unseren gerechten und bewaffneten Kampf nicht durch meine Freilassung verleugnen zu müssen" (S. 188). In diesem Zusammenhang stellt er in seiner Autobiographie selbst die Frage, warum er das alles geschrieben hätte und daß einige sagen würden, es sei "eine Art Selbstrechtfertigung". Vielleicht war es das auch, sagt Goldberg dazu, doch viel mehr habe er "über ein Leben in schwierigen Zeiten erzählen [wollen], über Probleme und Siege" (S. 189).

Dies ist ihm voll und ganz gelungen, und so stellt seine Autobiographie ein höchst empfehlenswertes Lesebuch von nahezu dokumentarischem Wert dar, weil sich Wort für Wort aus der Lebensgeschichte eines Menschen, der für seine politischen Überzeugungen und den von ihm geführten Kampf unter härtesten Bedingungen einzustehen bereit ist, so wie es in Südafrika im Kampf um die Befreiung viele Apartheidsgegner getan haben, eine Plausibilität ableiten läßt, die für sich spricht und die wenigsten Leser unbeeindruckt lassen wird.

24. Mai 2010


Denis Goldberg
Der Auftrag
Ein Leben für die Freiheit in Südafrika
übersetzt und bearbeitet von Birgit Morgenrath
1. Auflage der deutschsprachigen Ausgabe - April 2010
Verlag Assoziation A, Berlin/Hamburg
ISBN 978-3-935936-90-3