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ENGLISCH/857: Was tun sprach Zeus? (8) Rhymes and Tongue Twisters (SB)


Lerntips für Unverbesserliche


8. Sprachliche Ohrwürmer halten sich länger und trainieren die Zungenfertigkeit



Dichtung ohne Allüren

Gedichte, Verse, Lieder oder auch Zungenbrecher können das Erlernen einer Sprache unterstützen und wesentlich erleichtern, wenn man sich nicht von dem Anspruch, den Poeten gewöhnlich über ihre Literaturform verhängen, abschrecken läßt. Gerade durch Reime oder Verse lassen sich einfache Eselsbrücken knüpfen und so manche schwierige Vokabel zum unvergessenen Ohrwurm werden.

Poesie oder Dichtkunst kann aber auch für den Fortgeschrittenen spannend wie ein Krimi werden, wenn sie tatsächlich einen Sachverhalt, eine Meinung oder eine Beobachtung im eigentlichen Sinne des Wortes "verdichtet", möglicherweise sogar Fragen aufwirft oder dem Leser Denkanstöße über sein eigenes Blickfeld hinaus bietet. Doch meistens wird von diesem bei der Suche nach den versteckten Bedeutungen und dem Nachvollzug komplizierter Anspielungen und Gedankensprünge nahezu literarische versierte Gehirnakrobatik verlangt, und das fördert nicht gerade das Interesse einer breiten Leserschaft.

So ist englische oder britische "Poetry" ebenso wie die anderer Sprachen für eine kleine elitäre In-Group vorbehalten, deren Mitglieder sich gemeinhin gegenseitig darin bestätigen, etwas davon zu verstehen. In der Englischen Sprache kommt dazu, daß man die Bedeutung des Wortes "poetry" von dem griechischen Wort "poiesis" ableitet, also Konstruktion bzw. Aufbau und Form. Gerade Aristoteles soll auf diese Bedeutung sehr viel Wert gelegt haben und wenn man sich manche moderne Gedichte in der angelsächsischen Literatur anschaut, die aus Romben, Dreiecke und Kreise ausfüllenden Buchstabenhaufen zu bestehen scheinen, dann kann man auf die Idee kommen, dichten habe mehr mit Mathematik und Geometrie als mit Sprache, Aussage und Inhalten zu tun. Und das ist sehr schade, wenn man an den ursprünglichen Sinn der Sprache denkt, dem anderen etwas mitzuteilen...

Nicht daß ein solches Gedicht, in seiner abstrakten "Form" mit all seinen Offenlassungen und seiner Aussagelosigkeit auch einen guten Einstieg für ein Gespräch bieten könnte. Ob man sich darüber aufregt oder davon schwärmt, ist für denjenigen, der sich in der Sprache üben will, eigentlich doch ganz gleich. Hauptsache ist, man hat etwas gefunden, das die Gemüter erregt, und eine Diskussion anstachelt.

Ein typisches Beispiel für auf diese Art verstandene "poiesis" ist das folgende "Gedicht" von e.e. cummings, das schon fast einem Silbenrätsel (puzzle) gleichkommt:

l(a
le
af
fa
ll
s)
one
l
iness

(e.e. cummings, Poems, New York, 1963)

Hier muß man schon buchstabenweise vorgehen, bis der Groschen fällt, was darin eigentlich ausgedrückt werden soll. Es sollte aber auch schon für einen Anfänger in der englischen Sprache leicht zu übersetzen sein. Und wenn Sie das tun, wozu ich jedem Leser raten würde, verliert man sofort die ehrfürchtige Distanz, die man anfangs vielleicht hatte. Hier ein einfacher Versuch:

E(e
in
Bl
at
tf
äl
lt)
ins
am
keit

Für das, was ein Gedicht ausmacht, hat jeder Dichter seine eigene Vorstellung, hier ein paar Beispiele, was englischsprachige Poeten dazu in aller Kürze zu sagen hatten:

Samuel Taylor Coleridge:
"The best words in the best order"

T. S. Eliot:
"not the assertion (Behauptung) that something is true, but the making of that truth more fully real to us."

W. Wordsworth:
"The spontaneous overflow of powerful feeling"

E. A. Poe:

"Poetry of words as the rhythmical creation of beauty"

J. S. Mill:
"Poetry is feeling"

e.e. cummings:
"poetry is the rhythm of the phrase"


*


Schön und gut, für den durchschnittlichen Literaturkonsumenten, also möglicherweise Sie und mich, unterschied sich Dichtung bislang von jeder anderen Form von Literatur, weil sie unserer veralteten Vorstellung nach in Versen und Reimen geschrieben wird. Diese ebenfalls immer noch gepflegte Dichtform hat mit Sicherheit ihren Ursprung im Lied und ist, wenn sie gut gemacht wurde, auch ebenso eingängig. Nicht umsonst wurden die kleinen Kinder früher - als es noch keine Sesamstraße im Fernsehen gab - mit Liedern und Kinderreimen unterhalten und ihnen auf diese Weise, durch Rhythmus und Wiederholung, die eigene Muttersprache beigebracht.

Was läge also näher, um sich das Handwerkszeug für kontroverse Diskussionen über Gedichte von e.e. cummings oder Barbara Howes zu erarbeiten, als auch selbst zu den allereinfachsten Wurzeln zurückzukehren. Man muß nicht einmal auf sogenannte Nursery Rhymes zurückgreifen, die ebenso bunt wie zahlreich in den englischen Kinderbüchern anzutreffen sind, wie

Little Tommy Tinker
sits on a clinker (Ziegelstein)
and begins to cry:
Ma-a, ma-a,
what a big boy am I

denn einfache, leicht verständliche Scherzgedichte und -verse sind dem sprichwörtlichen Britischen Humor ebenfalls zahllos entsprungen. Hier einige ebenso eingängige wie wohlbekannte Beispiele:

I eat my peas with honey
I've done it all my life
They do taste rather funny
But it keeps them on the knife.

An accident happened to my brother Jim
When somebody threw a tomato at him
Tomatoes are juicy and don't hurt the skin
but this one was 'speacially packed in a tin.

Geradezu über die Grenzen Englands hinaus berühmt wurden die fünfzeiligen Nonsense-Verse, die hier ihren Ursprung haben, unter dem Begriff "Limericks", die nun wirklich nichts mehr mit ernsthafter Literatur gemein haben. Wer in den Genuß gerät, sie von einem waschechten Engländer mit toternster Mine und der berühmten britischen "stiff upper lip" vorgetragen zu bekommen, wird sich vermutlich vor Lachen kaum auf seinem Stuhl halten können. Diese Verse, die für sich immer noch mehr Worte finden, als das Gedicht von e.e. cummings, sind jedoch mit Sicherheit eindrücklicher und für die Bedeutung der englischen Sprache mindestens ebenso wichtig wie die literarisch anerkannte Poesie. Auch hier möchte ich nicht mit lehrreichen Beispielen sparen, die in England wohl ebenso bekannt sind, wie bei uns die Ostfriesenwitze:

In one of the cafes in Kiew
I found a dead mouse in my stew
Said the waiter, "don't shout,
Don't wave it about
Or the other guest will ask for one, too."

Wer beispielsweise nicht weiß wie "Kiew" und "stew" richtig ausgesprochen werden und die Form der Limericks kennt, der kann die korrekte Sprechweise aus dem letzten Wort der letzten Zeile ableiten, das auch schon Anfänger kennen.

An elephant born in Tibet.
One day in its cage wouldn't get.
So its keeper stood near -
stuck a hose in its ear
And invented the first Jumbo Jet.

There was a young lady of Niger
Who went for a ride on a tiger.
They came back from the ride
With the lady inside
And the smile on the face of the tiger.

There was an old man of Peru,
Who dreamt he was eating his shoe.
He awoke in the night
In a terrible fright,
And found it was perfectly true!

There once was an old man of Lyme
who married three wifes at a time
When asked "Why a third?",
he replied "one's absurd
and bigamy, sir, is a crime."
W.C. Monkhouse

There was a young Lady of Leek
Who had fifty proposals a week
Though she never grew tired
Of being admired
She was often too sleepy to speak.

There was once a young man of East Sheen
Who grow so remarkably lean,
So flat and compressed,
That his back touched his chest,
And sideways he couldn't be seen.

There was an old monk in Siberia
Whose existence grew steadily drearier,
Till he broke from his cell,
With a hell of a yell
And ran away with the Mother Superior.

Wem diese Art von Nonsensversen einen Einstieg in die englische Sprache vermitteln, der sollte nicht die Mühe scheuen, nach weiteren zu suchen oder auch selbst welche zu machen, es ist gar nicht so schwer.

Tongue Twisters

Ebenfalls ein Trick aus der Kinderstube, der holprigen Zunge zur Zungenfertigkeit zu verhelfen, sind Zungenbrecher bzw. Tongue Twisters. Bei entsprechenden Schwierigkeiten lohnt es, sich die Mühe zu machen, aus den fraglichen Worten ähnliche Sätze oder "Tongue Twisters" zusammenzustellen und durch rhythmisches Sprechen regelrecht zu trainieren.

Jeder kennt vermutlich

She sells sea-shells on the sea-shore

aus dem Englischbuch. Weniger bekannt ist das folgende, das besonders das rollende englische "R" trainiert, das gerade auch deutschen Anfängern häufig Schwierigkeiten bereitet:

Robert Rowley rolled a round roll round.
A round roll Robert Rowley rolled round.
Where is the round roll Robert Rowley rolled round?

Während uns durch die oben beschriebenen Limericks, Nonsense- und Scherzverse nicht nur Sprache und Vokabeln näher gebracht werden, sondern, wie ich schon sagte, auch das ursprüngliche Handwerkszeug der Dichtung, nämlich Verse (verse, stanza), Zeilen (lines), Versmaß (metre) und Reime (rhyme), lernen wir durch Tongue Twisters im nebenherein ein weiteres bekanntes Stilmittel kennen und gebrauchen, die sogenannte Alliteration (alliteration).

Zum Abschluß noch einen Blick ins "Dictionary"

rhyme

is the repetition of the same or similar sounds
at the ends of two or more lines, there may be
rhyme pairs a , a , b , b
embracing rhymes a , b , b , a
alternate rhymes a , b , a , b

alliteration

is the repetition of the same consonant sound at
the beginning of words or stressed syllables
close to each other in a text


22. Juni 2009