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ENGLISCH/847: Was tun, sprach Zeus (2) Mit Kärtchen ins Köpfchen (SB)


Lerntips für Unverbesserliche


2. Wenn man etwas auf immer und ewig behalten will...



Mit Kärtchen ins Langzeitgedächtnis?

Hand aufs Herz, wer glaubt denn wirklich an die häufig propagierte Einteilung des menschlichen Fassungsvermögens in Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis. Seit wir Computer kennen, neigen wir dazu, den Menschen auf seine Funktionsweise zu reduzieren, als gäbe es keine andere Möglichkeit der Datenverarbeitung als über Arbeitsspeicher und Festplatte (Disketten, USB-Sticks und andere externe Speicher mal ausgespart).

In der Anfangszeit dieses Mediums mußte wohl jeder mal erfahren, daß das Sichern von Daten elementar wichtig ist, wenn Bildschirm- und Dateiinhalte durch vorzeitiges, ungesichertes Wechseln oder Abstürze der Technik verloren gingen. Inzwischen haben wir alle gelernt, auch die Computer, und doch passiert es hin und wieder einmal.

Ähnlich stellt man sich konventionell auch unser "Kurzzeitgedächtnis" vor: Nur durch ständige Wiederholung - so die Theorie - soll man Daten, Informationen und Wissen auch im menschlichen Gehirn "auf ewig" speichern können.

Abgesehen davon, daß es bis heute nicht einmal wirklich wissenschaftlich erwiesen ist, ob tatsächlich das Gehirn, wie man allgemein vermutet, überhaupt dafür verantwortlich ist, daß man etwas nicht vergißt, gibt es doch ausreichend Beispiele dafür, die eben das in der Praxis widerlegen. Und jeder kennt einmalige Ereignisse, die sich ihm unauslöschlich ins Gedächtnis prägten.

So scheint es doch wohl eher eine Frage des eigenen Interesses oder der eigenen Beteiligung zu sein, was sich einem mit genügend Nachdruck oder Vehemens aufdrängt, um nicht mehr vergessen zu werden.

Fakt ist, daß gemäß dem Leitsatz "steter Tropfen höhlt den Stein..." auch sture Wiederholung in diesem Zusammenhang den nötigen Nachdruck erzeugen kann.

Für viele ist und war die sogenannte "Lernkartei" deshalb ein bewährtes Mittel, zum Ziel zu kommen. Derjenige, der sich für diese systematische Lern-Arbeit entscheidet, sei allerdings davor gewarnt, daß er ein gewisses Faible dafür entfalten muß, sich einem regelmäßigen, äußerst mechanischem Schema zu unterwerfen. Es gibt durchaus auch Menschen, die auf diese Weise überhaupt nicht lernen oder diese Disziplin aus verschiedenen Gründen nicht aufbringen können. Trotzdem ist jeder in der Lage, Englisch zu lernen.

Allerdings möchte ich nicht versäumen, die erfolgversprechendste Anwendung dieser Lernhilfe im folgenden einmal vorzustellen:

Zunächst besteht die Lernkartei aus kleinen Kärtchen (DIN A 7 oder 8), die auf der einen Seite die englische Vokabel und einen typischen Beispielsatz enthalten bzw. eine englische Erklärung. Auf der Rückseite dann die deutsche Übersetzung.

Sobald im Unterricht, im Sprachkurs oder bei der autodidaktischen Arbeit neue Vokabeln auftauchen, die sich nicht einfach merken lassen, wird die Kartei nach dem folgenden Schema fortgeführt und gleichzeitig damit gelernt. Bei vielen Vokabeln wird es Ihnen wie mit dem berühmten Schummelzettel für die Arbeit gehen. Wenn man ihn erst einmal hergestellt hat, erübrigt er sich praktisch von selbst. Die manuelle, handwerkliche Anfertigung der Kärtchen (oder Schummelzettel) hat im übrigen System und läßt sich daher auch nicht einfach mit Computerlernprogrammen, die angeblich nach dem gleichen Prinzip funktionieren sollen, ersetzen (s.u.).

Außer den Kärtchen benötigen Sie noch einen haltbaren Karton (den Karteikasten), in dem Sie mit Pappe und Klebstoff sechs Fächer einrichten.

Herstellung der Lernkartei:

Start am ersten Tag

1. Schritt (nachmittags)

Beschriften Sie als erstes 7 Vokabelkarten wie oben und lernen Sie diese Vokabeln. Jede gekonnte Karte kommt in Fach 2. Jede nicht gekonnte Karte kommt in Fach 1.

2. Schritt (abends)

Wiederholen Sie alle Karten aus den Fächern 1 und 2.
Die gekonnten Karten wandern ein Fach weiter also in Fach 2 oder 3.
Jede nicht gekonnte Karte bleibt in Fach 1.

Von Montag bis Donnerstag

wiederholen Sie zunächst alle Karten aus den Fächern 1, 2 u. 3.
Die gekonnten Kärtchen wandern jeweils ein Fach weiter, also in 2, 3 und 4. Jede nicht gekonnte Karte kommt wieder in Fach 1.
Anschließend beschriften sie wieder 7 neue Vokabelkarten und verfahren wie oben beschrieben:

1. Schritt (nachmittags)

Jede gekonnte Karte kommt in Fach 2. Jede nicht gekonnte Karte kommt in Fach 1.

2. Schritt (abends)

Wiederholen Sie alle Karten aus den Fächern 1 und 2.
Die gekonnten Karten wandern ein Fach weiter, also in Fach 2 oder 3.
Jede nicht gekonnte Karte bleibt in Fach 1.

Jedes Wochenende (Freitag bis Sonntag)

Wiederholen Sie alle Karten aus dem Fach 4.
Jede gekonnte Karte kommt in Fach 5.
Jede nicht gekonnte Karte kommt in Fach 1.

Nach einem Monat (z.B. immer am 1. des Monats)

Wiederholen Sie alle Karten aus dem Fach 5.
Jede gekonnte Karte kommt in Fach 6.
Jede nicht gekonnte Karte kommt in Fach 1.

Nach drei Monaten oder in den Ferien

Wiederholen Sie alle Karten aus dem Fach 6.
Jede gekonnte Karte wird aussortiert.
Jede nicht gekonnte Karte kommt ins Fach 1.


*


Sie beschäftigen sich auf diese Weise täglich mit englischen Vokabeln. Nach einem halben Jahr ist der Kasten garantiert voll. Nun nehmen Sie sich die Zeit, alle bei 6 abgelegten Karten alphabetisch zu sortieren, und vielleicht einen weiteren Kasten mit einem ABC-Register anzulegen, der dann in Zukunft wie ein Wörterbuch benutzt werden kann. Mit dem ausgemusterten Karteikasten beginnen Sie dann wieder von vorn.

Nun läßt sich das umständliche Kartensortieren und Beschriften mit einem der kommerziell angebotenen Vokabellernprogramme für den Computer einsparen, das auch dazu gedacht ist, regelmäßig zu üben und das "Langzeitgedächtnis" zu trainieren. Diese Programme arbeiten im Grunde nach dem gleichen Prinzip der Lernkartei. Allerdings hat die altmodische, mechanische Schreibarbeit, das Hin- und Herstecken von Kärtchen und nicht zuletzt die stolze Übersicht über den erarbeiteten "Kärtchen-Packen" eine eigene Qualität, die ein Computerprogramm vielleicht nicht so ohne weiteres ersetzen kann. Entscheidet man sich, z.B. aus Zeitgründen für die computergestützte Methode, sollte man jedoch ein Programm wählen, in dem noch mechanische Eigenarbeit (z.B. das Eintippen der fraglichen Vokabeln) gefordert ist.

So weit - so gut, in der nächsten Folge soll es um die Auseinandersetzung mit vermeintlich "unterhaltsameren" Methoden gehen, die motivationsgeplagten Schülern mit Sicherheit nur ein müdes Lächeln abringen werden, doch wer weiß ....

Bis dann!


15. Mai 2009