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SF-JOURNAL/008: Autoren... Isaak Asimov, der meistgelesene (SB)


Isaac Asimov, (1920 - 1992)


Auch wer nur ganz wenig über Science Fiction weiß, hat den Namen Isaak Asimov mit Sicherheit schon einmal gehört. Er gilt als Autorität - nicht nur als beeindruckende TV-Persönlichkeit, wenn es um populärwissenschaftliche Sendungen mit brillanten rednerischen Auftritten geht, nicht nur als Verfasser von biochemischen Lehrbüchern, Kinderbüchern, populärwissenschaftlichen Artikeln in renommierten wissenschaftlichen Fachzeitschriften, sondern besonders auf dem Gebiet der Science Fiction-Literatur, denn man kann sagen, er ist ein ausgezeichneter Kenner der Anfänge und hat schon früh selbst geschrieben.

"Ich habe das entschiedene Gefühl, daß ich in der Welt der Science Fiction als eine Art Denkmal angesehen werde...", macht er sich Anfang der 70er Jahre bei der Herausgabe einer seiner Anthologien lustig (aus: "Das Ende der Dinosaurier", Rastatt 1977, 1975 by Isaak Asimov, S. 9). Tatsächlich gilt er als der am meisten vermarktete SF- Autor überhaupt, der auch durch zahlreiche öffentliche Auftritte und seine unvergessene Persönlichkeit zu Weltruhm gelangte.

Einer von Asimov's Freunden, Sprague de Camp, selbst SF-Autor, beschreibt ihn folgendermaßen: "Asimov ist ein kräftiger und jugendlich aussehender Mann mit welligem, braunen Haar, blauen Augen und einem frischen, jovialen und zuweilen überschäumenden Temperament [...] außerordentlich gesellig, beredsam und witzig." (aus: "Das Ende der Dinosaurier", Rastatt 1977, S.75f)


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Persönliche Daten und Werke

Isaak Asimov wurde 1920 in Petrowitsch, einem Vorort von Smolensk, in der UdSSR geboren und starb im April 1992 in den Vereinigten Staaten.

Als er drei Jahre alt war, wanderten seine Eltern nach New York aus.

Bereits mit 18 Jahren hatte Asimov ein enormes Fachwissen und war für sein außerordentlich gutes Gedächtnis bekannt. Zunächst sollte er auf Wunsch seiner Eltern Medizin studieren, aber er entschied sich für Chemie an der Columbia Universität. Über die "Futurian Science Literary Society" lernte er schon während seines Studiums mehrere Science Fiction-Autoren kennen und begann auch selbst in seinem Studentenzimmer die ersten SF-Geschichten zu schreiben. 1939 machte er seinen Doktor in Chemie, 1941 das Magisterexamen. 1948 wurde er Doktor der Philosophie und 1951 zum außerordentlichen Professor für Biochemie an der Universität von Boston ernannt.

Die erste Science Fiction-Geschichte ("Maroones Off Vesta") des jungen Autors erschien 1939 im Magazin "Amazing" von Hugo Gernsback. Im gleichen Jahr nahm Asimov mit John W. Campbell, dem Herausgeber des Magazins "Astounding Science Fiction", Kontakt auf, der ihn von diesem Zeitpunkt an förderte. Bis zum Ende der 40er Jahre schrieb Asimov dann ausschließlich für John Campbell. Den ersten Erfolg erlangte er 1941 mit der Story "Nightfall" (Einbruch der Nacht), für die Campbell durch ein Zitat die Idee lieferte. Man sagt, es sei die beste SF-Story, die vor 1965 geschrieben wurde.

In den 50er Jahren änderte sich sein Leben durch diverse Umzüge und die Geburten seiner beiden Kinder (1951 sein Sohn David und 1955 seine Tochter Robyn Joan). Am Anfang dieses Jahrzehnts erlebte der Markt für Science Fiction-Magazine einen weiteren Höhepunkt. Zu dieser Zeit begann Asimov auch für Horace Gold, den Herausgeber von "Galaxy", zu schreiben. Seine berühmtesten Klassiker entstanden: eine Serie von neun Kurzgeschichten und Novellen, veröffentlicht unter dem Titel Foundation-Trilogie (1951: Der Tausendjahresplan, 1952: Der galaktische General, 1953: Alle Wege führen nach Trantor), der Entwurf eines vom Zerfall bedrohten galaktischen Imperiums; die Robot- Serie, bestehend aus vielen Kurzgeschichten, die in verschiedenen Sammelbänden editiert wurden. Mit ihnen entstanden die berühmten "Drei Gesetze der Robotik", auf die später alle Science Fiction- Autoren zurückgriffen.

Unter dem Pseudonym Paul French schrieb Asimov in den 50er Jahren auch sechs Jugendromane mit dem Helden und Weltraumdetektiv David "Lucky" Starr.

Nach 1958 machte er eine SF-Pause und wendete sich hauptsächlich dem Verfassen populärwissenschaftlicher Sachbücher zu. Ab 1958 gab er auch seine Universitätstätigkeit auf und widmete sich ausschließlich dem Schreiben. Erst 1972 kehrte er kurz zur Science Fiction zurück mit "The Gods Themselves", und in den 80er Jahren blieb er ganz dabei ("Foundations Edge", 1983).

1970 hatte Asimov sich von seiner ersten Frau getrennt, und 1973 heiratete er ein zweites Mal. Zusammen mit seiner Frau Janet Jeppson, Psychiaterin und Schriftstellerin, verfaßte er einige Jugendbücher.

Insgesamt publizierte Asimov über 300 Werke, von denen viele prämiert wurden.

Asimov hatte unter Science Fiction-Schriftstellern und Herausgebern viele Freunde, angefangen bei J.W. Campbell jr., dem Ehepaar Horace und Evelyn Gold, Lester del Rey, Robert Silverberg, Sprague de Camp und Harry Harrison.


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Isaak Asimov äußert sich zum Genre und zum Schreiben

Es muß wohl nicht besonders betont werden, daß auch Asimov der Science Fiction eine ganz wichtige Bedeutung für die Problembewältigung der Menschheit zuspricht:

Doch anzunehmen, daß dieser futurologische Aspekt der Science Fiction, diese Vorhersage von Details, das wirklich Beeindruckende an der Science Fiction sei, dient nur dazu, das Genre zu trivialisieren. Was an der Science Fiction wichtig, ja entscheidend ist, bleibt das, dem sie ihre Geburt verdankt - die Technik. Es ist nicht, daß die Science Fiction eine ganz bestimmte Veränderung vorhersagt, was sie so wichtig macht, es ist, daß sie überhaupt Veränderung prophezeit. [...] Es ist der Wandel, fortwährende Veränderung, unausweichliche Veränderung, der den dominierenden Faktor in der gegenwärtigen Gesellschaft darstellt. Keine vernünftige Entscheidung kann noch getroffen werden, ohne daß dabei nicht nur die Welt, wie sie ist, sondern auch die Welt, wie sie sein wird, in Betracht gezogen wird - und das bedeutet natürlich, daß es eine genauere Vorstellung von der Welt, wie sie sein wird, geben muß. Daraus wiederum ergibt sich, daß unsere Staatsmänner, unsere Geschäftsleute und unsere Jedermanns sich heute einer an der Science Fiction orientierten Art des Denkens bedienen müssen, ob sie es nun mögen oder nicht, ja selbst dann, wenn sie sie sich dessen nicht einmal bewußt sind. Nur so können die tödlichen Menschheitsgefahren der Gegenwart überwunden werden. [...] aber der Kern der Science Fiction, ihre Essenz, das Konzept, aus dem sie sich entwickelt hat, ist für unsere aller Rettung entscheidend, wenn wir überhaupt gerettet werden wollen.
(Aus: Isaak Asimov: Faszination der SF, 1981 by Asimov, 1985 Bergisch Gladbach, S. 12f)

Obwohl Asimov seine meisten Romane und Stories mit nahezu unglaublicher Geschwindigkeit verfaßt hat und genaue Vorstellungen zu Inhalt und Aufbau äußerte, schrieb er, daß er nichts von der Kunst des Schreibens verstehe: "Was ich tue, tue ich durch blinden Instinkt."

Seine Kurzgeschichten sind meistens auf eine Pointe zugespitzt und bestechen durch Logik, grimmigen Realismus, Tempo und inhaltliche Unvorhersehbarkeiten, die den Leser immer wieder in Überraschung und Kurzweil zurücklassen.

Einer seiner eigenen wenigen Hinweise zum Schreiben bezieht sich auf die Moral in den Stories beziehungsweise auf den Missionseifer des Schriftstellers. Wenn eine Geschichte damit endet, sagt er, daß sie dem Leser die Moral um die Ohren schlägt, ist das schlecht:

Unverhülltes Predigen verdirbt die Wirksamkeit einer Erzählung. Wenn man dem Drang nicht widerstehen kann, seine Mitmenschen zu verbessern, dann sollte man es mit Fingerspitzengefühl versuchen.

1939 begann Asimov mit dem Schreiben seiner berühmten Robotgeschichten. Zusammen mit Campbell entwickelte er "Die Drei Gesetze der Robotik". Sie werden so bekannt, daß sie dem Thema Roboter in allen folgenden Science Fiction-Veröffentlichungen stillschweigend zugrundeliegen. Später äußert Asimov sich positiv dazu:

Es wird heute davon ausgegangen, daß Science Fiction- Autoren als Gesamtheit einen gemeinsamen Fonds von Ideen geschaffen haben, aus dem sich jeder Autor frei bedienen kann. Aus diesem Grund hatte ich nie etwas dagegen, wenn andere Autoren Roboter benutzt haben, die den Drei Gesetzen gehorchen. Im Gegenteil, ich war eher geschmeichelt, und ehrlich gesagt kann man sich in der modernen Science Fiction kaum einen Robot ohne diese Gesetze vorstellen.
(aus dem Vorwort zu Isaak Asimov's Robot City, Bd. 1, Michael P. Kube-McDowell: Die Odyssee, Bergisch Gladbach, Juni 1988, S. 9)


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Leseprobe

Der Auszug aus dieser zweiseitigen Kurzgeschichte von 1957 ist ein kleines Zeitzeugnis.

... die nukleare Gefahr war weiter angewachsen, als sowohl die Vereinigten Staaten wie auch die Sowjetunion die Wasserstoffbombe entwickelten, und ich war wieder verbittert.
(aus: Landung ohne Wiederkehr, Rastatt 1983, S. 20)

sagt Asimov selbst dazu. Die Story gibt außerdem einen kleinen Eindruck von seiner Liebe zu bissigen Pointen.

Hier sei kurz der Inhalt bis zum Zitat zusammengefaßt: Der altehrwürdige Naron aus dem System Rigel führt das galaktische Archiv mit einer Liste über die zahlreichen Rassen, die es in der Galaxis zu Intelligenz gebracht haben und den Reifegrad erreichten, der sie zu einem Mitglied in der galaktischen Föderation qualifiziert hat. Er erhält die Nachricht von einem Boten, daß auch die Erde die Schwelle zur Reife überschritten hat.

"Ach ja", sagte Naron. "Ich kenne sie." Und er machte eine Eintragung in das erste Buch [...].

"Diese neuen Lebewesen haben eine Rekord aufgestellt", sagte er. "Keine andere Gruppe ist so rasch von der Intelligenz zur Reife gelangt. Kein Irrtum, will ich hoffen?"

"Kein Irrtum, Erhabener", erwiderte der Bote."

Es stellt sich heraus, daß diese Gruppe den Zugang zur
thermonuklearen Energie gefunden hat.

"Nun, das ist die Bedingung, die erfüllt sein muß", meinte Naron und schmunzelte ein wenig. "Und bald werden ihre Schiffe kommen, um mit der Föderation Verbindung aufzunehmen."

"Diese Hoffnung ist vielleicht ein wenig verfrüht, Erhabener", sagte der Bote zögernd. "Die Beobachter melden, daß jene noch nicht in den Raum vorgedrungen sind."

Naron war verblüfft. "Ist das wahr? Sie haben nicht
einmal eine Raumstation?"

"Noch nicht, Erhabener."

"Aber wenn sie über thermonukleare Energie verfügen, wo führen sie dann ihre Versuche und Explosionen durch?"

"Auf ihrem eigenen Planeten, Erhabener."

Naron richtete sich zu seiner vollen Höhe von stattlichen sieben Metern auf und donnerte: "Auf ihrem eigenen Planeten?"

"Ja, Erhabener."

Naron ergriff den Stift und strich die letzte Eintragung im kleineren Buch mit einer kräftigen Linie durch. Es war ein beispielloser Akt, aber Naron schreckte nicht davor zurück, denn er war weise und konnte das Unausweichliche genauso deutlich sehen wie jeder andere in der Galaxis.

"Dumme Esel", murmelte er."
(aus: "Dumme Esel", 1957, in: Landung ohne Wiederkehr, Rastatt 1983, S. 19)


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Autoren
- Persönliche Daten
- neue Akzente für die Science Fiction-Literatur
- Zur Schreibtechnik
- Stellungnahmen zur Science Fiction
in Interviews und Romanen
- Werke mit Auszeichnungen und Verfilmungen
- Leseproben

Erstveröffentlichung 1998

5. Januar 2007