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BUCHTIP/1053: Das Wunder des Universums (MaxPlanckForschung)


MaxPlanckForschung - 1/2007
Das Wissenschaftsmagazin der Max-Planck-Gesellschaft

Sinn und Wahrheit

Von Helmut Hornung


Gerhard Börner: SCHÖPFUNG OHNE SCHÖPFER?
Das Wunder des Universums
216 Seiten mit Schwarz-weiß-Abbildungen und Farbtafeln
Deutsche Verlags-Anstalt, München 2006, 19,90 Euro.


Das Leben, das Universum und der ganze Rest. So lautet der dritte Teil von Douglas Adams Pentalogie 'Per Anhalter durch die Galaxis'. Darin waren die Vorfahren der Menschen vor allem Unternehmensberater und Friseure, die in einem gigantischen Raumschiff durchs Universum kreuzten, weil sie von ihrem Heimatplaneten vertrieben wurden.

Um "das Leben, das Universum und den ganzen Rest" geht es auch Gerhard Börner, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Astrophysik - wenngleich in einem völlig anderem Sinn: "Mit diesem Buch will ich versuchen, das heutige naturwissenschaftliche Weltbild verständlich darzustellen und es in seiner Bedeutung für unser Selbstverständnis einzuordnen", schreibt der Autor in der Einführung und bereitet den Leser auf eine Reise vor, die ihn - allerdings nicht per Anhalter - durch die faszinierende Welt der Galaxien, Sterne und Schwarzen Löcher führt, aber auch ins Reich der Quanten, Quarks und Strings.

Börner beschreibt unser Wissen um die Geburt des Universums mit dem Urknall vor knapp 14 Milliarden Jahren, schildert die Bildung 'von Strukturen und die Entstehung der Galaxien, zeigt auf, was es mit der kosmischen Hintergrundstrahlung auf sich hat oder mit der "Quintessenz" heutiger Astrophysik, der Dunklen Energie und der Dunklen Materie. Dem Autor gelingt dabei eine saubere, trotz mancher Formeln und Grafiken durchaus verständliche Darstellung der physikalischen Realität. Aber Physik und Mathematik haben Grenzen und ihre Weltbilder können niemals "alles" umfassen, denn: Die Naturwissenschaft ist "nicht im Besitz der absoluten Wahrheit, aber in ihrem Bereich beansprucht sie absolute Gültigkeit".

Wie man das angesichts des Buchtitels erwarten kann, kommt hier die Metaphysik ins Spiel. Der Autor bezieht eine klare Position insofern, als er eine scharfe Trennung zwischen Glauben und Wissen ablehnt. Vielmehr baut er Brücken zwischen den beiden - scheinbaren - Polen. So nähert er sich den biblischen Begriffen von Ewigkeit und Zeitlosigkeit über die physikalische Erkenntnis, dass masselose, sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegende Teilchen eine zeitlose Existenz haben. Überhaupt ist in der Quantenmechanik eine Entwicklung in der Zeit nicht auf dieselbe Weise festgelegt wie in der klassischen Physik, sondern vielmehr in einem statistischen Sinn. Und so lässt sich das gesamte Universum als ein System betrachten, das sich gleichsam im Raum der Möglichkeiten vorwärtstastet.

Zu den tiefgreifenden Rätseln der Wissenschaft gehört die Geburt des Kosmos. "Was war vor dem Urknall?" Daran zeigt Börner die Unterschiede (aber auch die Gemeinsamkeiten!) zwischen Naturwissenschaft und Glauben auf. Aus wissenschaftlicher Sicht mag das Problem als absurd gelten, ähnlich der Frage "Was ist südlicher als der Südpol?", weil erst Sekundenbruchteile nach dem Urknall die Gesetze der Physik greifen. Aus religiöser Warte ist die Frage mit einem Schöpfer zu beantworten, wobei es, so Börner, "doch sehr bemerkenswert ist, dass die moderne Urknalltheorie sehr gut zu der biblischen Aussage passt, Gott habe die Welt zu einem bestimmten Zeitpunkt aus dem Nichts geschaffen".

"Schöpfung ohne Schöpfer?" Die Antwort darauf muss jeder selbst finden. Der Kosmologe Gerhard Börner legt sich nicht fest, sondern liefert vielfältige Denkanstöße - so mit seiner Aussage: "Was die Welt im Innersten zusammenhält scheint eher eine Form, ein geistig-mathematisches Prinzip zu sein, als etwas materiell Greifbares." Und ohne die letzten Wahrheiten unserer Existenz aufklären zu wollen, beschließt Börner sein Buch mit einem Fazit, das weit jenseits naturwissenschaftlicher Erkenntnisse liegt und über das sich trefflich streiten lässt: "Ich glaube auch, dass wir nicht sinnlos und zufällig hier sind, sondern dass wir mit unserem Dasein einen bestimmten Zweck erfüllen, dass dem kosmischen Geschehen ein Plan zugrunde liegt, den wir nicht durchschauen, dessen Ziel aber in der Zukunft liegt."


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Quelle:
MaxPlanckForschung - Das Wissenschaftmagazin
der Max-Planck-Gesellschaft 1/2007, S. 72
Hrsg.: Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. August 2007