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SPRACHE/584: Unwort des Jahres 2008 - "Notleidende Banken" (Goethe-Uni Frankfurt)


Goethe-Universität Frankfurt - 20. Januar 2009 / 9

Unwort des Jahres 2008: "Notleidende Banken"

Sprecher der Jury: "Verursacher der Krise werden zu Opfern stilisiert"


FRANKFURT. Zum Unwort des Jahres 2008 hat eine Jury aus Sprachwissenschaftlern und Journalisten die Formulierung "notleidende Banken" gewählt. "Sie stellt das Verhältnis von Ursachen und Folgen der Weltwirtschaftskrise rundweg auf den Kopf. Während die Volkswirtschaften in ärgste Bedrängnis geraten und die Steuerzahler Milliardenkredite mittragen müssen, werden die Banken mit ihrer Finanzpolitik, durch die die Krise verursacht wurde, zu Opfern stilisiert", begründet der Sprecher der Jury "Sprachkritischen Aktion 'Unwort des Jahres'" und Frankfurter Sprachwissenschaftler, Prof. Horst Dieter Schlosser, die Entscheidung.

Die Jury kritisiert außerdem die Formulierungen "Rentnerdemokratie". Dazu heißt es in der Begründung: "Als die Renten um ganze 1,1 Prozent erhöht werden sollten, malte der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog, selbst Bezieher satter Altersbezüge, das Schreckbild eines Staates, einer 'Rentnerdemokratie', in der 'die Alten die Jungen ausplündern'." - "Ein bedenkliches Verständnis der Grundrechte" kreidet die Jury dem Vorsitzenden der Polizeigewerkschaft Rainer Wendt an. Er hatte Bürger, konkret die Politiker Gerhart Baum und Burkhard Hirsch, als "Karlsruhe-Touristen" diffamiert, die wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen schon einmal vor das Bundesverfassungsgericht gegangen waren und dies beim neuen BKA-Gesetz noch einmal tun könnten.

Die Wahl eines "Unworts des Jahres" erfolgte zum 18. Mal. Begründet wurde diese sprachkritische Aktion bereits 1991. Diesmal hatten sich 2.117 Einsenderinnen und Einsender aus dem In- und Ausland, auch aus Übersee, mit 1.129 verschiedenen Vorschlägen beteiligt. Verwertet wurden auch die Ergebnisse eigener Unwort-Sammlungen, unter anderen eines Leserforums der "Rheinischen Post".

Der Jury für das Unwort des Jahres 2008 gehörten an: die vier ständigen Mitglieder Prof. Dr. Margot Heinemann (Leipzig), Prof. Dr. Nina Janich (Darmstadt), der Sprecher der Jury Prof. Dr. Horst Dieter Schlosser (Frankfurt) und Prof. Dr. Martin Wengeler (Düsseldorf). Vertreter der Sprachpraxis war diesmal der Chefredakteur der "Thüringer Allgemeinen" Sergej Lochthofen (Erfurt).

Zeitgleich wird in Düsseldorf das Börsen-Unwort 2008 verkündet, gekürt von der Börse Düsseldorf und seit 2001 in Absprache mit Sprachkritischen Aktion "Unwort des Jahres" zur gleichen Stunde bekannt gegeben. Es lautet: "Leerverkauf". Dieser Begriff sei irreführend, so die Börse Düsseldorf, weil er befürchten lasse, dass Leerverkäufe ohne jeden "Inhalt" vonstatten gehen könnten. Jeder Verkäufer aber müsse das Wertpapier, gegebenenfalls ein ausgeliehenes, im Depot haben, weil er am Kassamarkt binnen zweier Tage seiner Lieferverpflichtung gegenüber dem Käufer nachkommen müsse.

In Zusammenarbeit mit "Sprachkritische Aktion Unwort des Jahres"

www.unwortdesjahres.org

Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt am Main. 1914 von Frankfurter Bürgern gegründet, ist sie heute eine der zehn größten Universitäten Deutschlands. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Rund um das historische Poelzig-Ensemble im Frankfurter Westend entsteht derzeit für rund 600 Millionen Euro der schönste Campus Deutschlands. Mit über 50 seit 2000 eingeworbenen Stiftungs- und Stiftungsgastprofessuren nimmt die Goethe-Universität den deutschen Spitzenplatz ein. In drei Forschungsrankings des CHE in Folge und in der Exzellenzinitiative zeigte sie sich als eine der forschungsstärksten Hochschulen.


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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 9 vom 20. Januar 2009
Herausgeber: Der Präsident
Abteilung Marketing und Kommunikation, Postfach 11 19 32
60054 Frankfurt am Main
Redaktion: Ulrike Jaspers, Referentin für Wissenschaftskommunikation
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Januar 2009