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SPRACHE/469: Die Vokabelretter (idw)


Otto-Friedrich-Universität Bamberg - 24.04.2007

Die Vokabelretter


Seit den 1990er Jahren ist Deutschland von der Welle der Internationalisierung in Technologie und Medien überrollt worden. Die Resultate zeigen sich vermehrt in einer neuen Sprachform, die oftmals als "Denglisch" oder "Germarican" bezeichnet wird. Wissenschaftler der Universität Bamberg unterstützen Initiativen gegen Anglizismen und für ein verbessertes Sprachbewusstsein.

In der Werbung wird Wert auf Internationalität und Modernität gelegt. Da spielt das Verständnis eines Werbemottos in der Bevölkerung, von der 60 Prozent kaum oder überhaupt kein Englisch sprechen, nur eine Nebenrolle. Einige Firmen haben Sprüche wie "every time a good time" und "come in and find out" bereits durch deutsche Alternativen ersetzt, jedoch sei dahingestellt, ob die neuen Motti wirklich von allen geliebt werden und jedem das Leben schöner machen. Auch das Fernsehen schreckt offenbar vor vermeintlich verstaubtem, "unhippem" Deutsch zurück und wird daher auch nie "Deutschlands nächstes Spitzenmodell" suchen.

Allein die Etablierung des "weltweiten Netzes" brachte das deutsche Volk dazu, Meetings lieber zu canceln und stattdessen Files downzuloaden, Messages zu mailen oder auf ihrer Homepage zu surfen. Die Einbindung fremder Wörter in die deutsche Grammatik ist legitim, schließlich spricht man in Amerika auch von "bratwursts" statt Würsten. Auch ist nichts dagegen einzuwenden, einige Fremdworte in die Muttersprache zu übernehmen, denn sogar die Amerikaner haben einen "kindergarden" und "schnapps" wie die Deutschen die Flatrate und den Countdown. Jedoch wäre zu erwägen, ob es wirklich nötig ist, englische Begriffe einzudeutschen, für die es bereits eine deutsche Entsprechung gibt.

Ein serienmäßiger Bum-Zisch-Boing

Neben dem bekannten Verein der Deutschen Sprache e. V. existiert die Stiftung Deutsche Sprache. Diese hat im Februar 2006 das Projekt Aktion "Lebendiges Deutsch" ins Leben gerufen, welches sich die Erforschung und Verbreitung eben jener schönen deutschen Worte anstelle der populären Anglizismen zur Aufgabe macht. Das Filtern der eingesendeten Vorschläge bewältigt der Bamberger Sprachwissenschaftler Dr. Holger Klatte fast im Alleingang. Bisher fand er zusammen mit einer Jury für 24 häufig genutzte Anglizismen durchsetzungsfähige deutsche Alternativen. Einige könnten durchaus Karriere machen, wie zum Beispiel "Prallkissen" (Airbag) oder "Denkrunde" (Brainstorming); andere werden es vermutlich schwer haben, sich gegen ihren englischen Bruder durchzusetzen. Der lautmalerische Vorschlag eines serienmäßigen "Bum-Zisch-Boing" in Pkw bewirkt, wie der "Luftknödel", eher ein Schmunzeln, als dass er die eigentliche Bedeutung erklärte. Ein Klapprechner (statt Laptop) weckt antiquierte Vorstellungen eines modernen Schreibgerätes und Hatzfraß (statt Fast Food) klingt ebenso wenig appetitlich wie der Nachsteller (statt Stalker) gefährlich. Die deutschen Ohren scheinen sich an die englischen Klänge und die damit assoziierte Modernität gewöhnt zu haben.

Lesen Sie den ausführlichen Artikel von Julia Aden und ein Interview mit Holger Klatte unter
www.uni-bamberg.de/kommunikation/news/die-vokabe/

Weitere Infos unter: www.aktionlebendigesdeutsch.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution93


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Dr. Martin Beyer, 24.04.2007
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. April 2007