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MELDUNG/175: "Der Sturm" geht als digitale Quellenedition online (ADW Mainz)


Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz
Pressemitteilung vom 16. Juli 2018

DER STURM geht als digitale Quellenedition online


»Jede konventionelle Form aber ist ein Gerüst für einen einstürzenden Bau« (Herwarth Walden): Mit der neuen webbasierten Edition des Forschungsprojektes 'DER STURM - Digitale Quellenedition zur Geschichte der internationalen Avantgarde' wird eine neue Plattform geschaffen, die die Fülle der verstreut liegenden, digital verfügbaren Quellenbestände des avantgardistischen Kunst-Unternehmens 'Der Sturm' zusammenführt. Sie präsentiert sie im historischen Kontext und stellt sie als offene und standardisierte Forschungsdaten für die interdisziplinäre Forschung zur Verfügung. Die Edition verfolgt hierbei einen kontinuierlichen Publikationsprozess und bietet schon jetzt viele bislang unveröffentlichte Briefe von Künstlern wie dem expressionistischen Maler Franz Marc und seiner niederländischen Kollegin Jacoba van Heemskerck im Volltext unter: https://sturm-edition.de

'Der Sturm' und sein Gründer Herwarth Walden stehen - neben 'Der Aktion' von Franz Pfemfert - paradigmatisch für die Anfänge der künstlerischen Avantgarde in den 1910er Jahren. Nach der Erweiterung der gleichnamigen Zeitschrift um Galerie, Bühne und Verlag avancierte das Unternehmen ab 1913 zum polyphonen internationalen Forum der »neuen« Kunst. Wie kaum eine Kunstströmung seinerzeit vereinte es innerhalb seiner vielgestaltigen Tätigkeitsfelder unterschiedliche avantgardistische Bewegungen und bildete aus dieser einzigartigen Verbindung eine eigene Ästhetik aus. Jenseits von konventionellen Kategorien und Gattungsgrenzen präsentierte der 'Sturm' die neuesten Werke aus Kunst und Literatur, die heute zum Kanon der klassischen Moderne zählen: Gedichte und Beiträge von Gottfried Benn, Karl Kraus, August Stramm und Else Lasker-Schüler oder Künstlergruppe wie den 'Blauen Reiter' um Franz Marc, Wassily Kandinsky und August Macke oder die italienischen Futuristen um Marinetti ebenso wie Oskar Kokoschka, Paul Klee und Marc Chagall, um nur einige zu nennen.

Inhalt und Ausrichtung des 'Sturm' ist auch heute nach wie vor von besonderem wissenschaftlichen Interesse und bildet Material für verschiedene Ausstellungen. Das digitale Editionsprojekt DER STURM setzt als historisch-kritische Quellenedition an der disziplinär breit gefächerten Interessenlage an: Sukzessive wird eine umfassende wissenschaftliche Datengrundlage erarbeitet, die - entsprechend der Aktivitäten des 'Sturm' - in die fünf Abteilungen Briefe, Zeitschrift, Ausstellungskataloge, Bühne und Schriften gegliedert ist. Die webbasierte Zusammenführung der im Volltext erschlossenen Quellen ermöglicht dabei perspektivisch eine personen-, werk- und gattungsübergreifende Suche, die Fülle und Ausmaß des Unternehmens Rechnung trägt. Die Edition leistet somit einen wichtigen Beitrag für die Literatur-, Kunst-, Kultur- und Philosophiegeschichte, sei es durch Material zu einzelnen Künstlern und Künstlerinnen oder zu historischen Avantgarden bis hin zur Theoriebildung eines übergeordneten Avantgarde-Begriffs.

Als Digital Humanities Projekt ist die Quellenedition an der Digitalen Akademie der Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz unter Beteiligung verschiedener kulturwissenschaftlicher Fächer angesiedelt und legt einen starken Akzent auf die Einbindung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Über die Akademieprofessur für Digital Humanities an der Hochschule Mainz ist eine enge Verschränkung der Forschungs-, Editions-, und Entwicklungstätigkeiten mit der Lehre im hochschulübergreifenden Studiengang 'Digitale Methodik in den Geistes- und Kulturwissenschaften' gegeben.

Grundlegend für die bisher in der Edition vereinten Quellen sind die umfassenden Digitalisierungsarbeiten, die die Staatsbibliothek zu Berlin, die University of Princeton und die Universitätsbibliothek Heidelberg für die Bestände des 'Sturm' unlängst vorgenommen haben. Unter Einbindung dieser bereits vorhandenen Digitalisate erfolgen die Transkription, Edition und Modellierung der Quellen in XML nach den Richtlinien der Text Encoding Initiative (TEI). Sämtliche Forschungsdaten werden standardkonform unter einer offenen Lizenz für die Nachnutzung zur Verfügung gestellt. Die Forschungssoftware des Projektes ist unter besonderer Berücksichtigung von Kriterien der nachhaltigen Softwareentwicklung aufgebaut und wird ebenfalls unter einer freien Lizenz zum Download angeboten.

Die Präsentationsschicht der digitalen Edition legt einen besonderen Fokus auf eine ansprechende Darbietung unter Einbeziehung typographischer Gestaltungselemente aus der Zeit des 'Sturm', eine gute Benutzbarkeit sowie einen optimalen Zugriff sowohl mit Desktop- als auch mobilen Endgeräten. Neben einem chronologischen und einem künstlerbezogenen Einstieg verfügt die Edition über umfangreiche Register zu Personen, Orten und Kunstwerken und bietet somit einen vielschichtigen Zugang auf die einzelnen Stücke.



Forschungsprojekt und Digitale Edition:
https://sturm-edition.de

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Quelle:
Akademie der Wissenschaften und der Literatur
Geschwister-Scholl-Str. 2, 55131 Mainz
Telefon: 0049 6131 577 0, Fax: 0049 6131 577 111
E-Mail: generalsekretariat@adwmainz.de
Internet: www.adwmainz.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juli 2018

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