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INTERNATIONAL/018: Indien - Historisches Weltkulturerbe-Gebäude durch Straßenprojekt zerstört (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. August 2013

Indien: UNESCO-Weltkulturerbe in Gefahr - Historisches Gebäude durch Straßenprojekt zerstört

von Sudeshna Chowdhury


Bild: © Arian Zwegers/cc by 2.0

Der Virupaksha-Tempel im südindischen Hampi
Bild: © Arian Zwegers/cc by 2.0

New York, 12. August (IPS) - Die Überreste des hinduistischen Königreichs Vijayanagar im südindischen Bundesstaat Karnataka genießen als Weltkulturerbe den Schutz der UNESCO. Doch die bei Touristen beliebte archäologische Stätte im Dorf Hampi ist gefährdet. Das Amt für öffentliche Bauten lässt einen Teil plattwalzen, um eine Straße zu verbreitern.

Aktivisten und Experten aus aller Welt laufen Sturm gegen das Infrastrukturprojekt. Die Weltkulturorganisation kritisierte, nicht vorab über die Baumaßnahme unterrichtet worden zu sein, wie dies die Richtlinien zur Umsetzung der Übereinkunft über das Welterbe vorsehen. Zerstört wurde bereits ein 153 Jahre altes Steingebäude, das Besuchern auch als Ruheplatz diente. Wie Kishore Rao vom 'World Heritage Centre' der UNESCO erklärt, habe man von der Planierung erst aus der Presse erfahren.

Die UNESCO verlangt nun von den indischen Behörden eine Erklärung. Die Regelungen für die Welterbe-Stätten sehen laut Rao allerdings keine Strafmaßnahmen vor. Wenn eine Stätte akut bedroht ist und Empfehlungen nicht umgesetzt werden, kommt sie auf die Rote Liste des gefährdeten Welterbes. "Auf diese Weise kann auf internationaler Ebene mehr Unterstützung mobilisiert werden", erläutert Rao.


Kein Wille zum Denkmalschutz erkennbar

John Fritz, der Vizedirektor des Vijayanagar-Forschungsprojekts, hält diesen Ansatz aber für ineffizient und viel zu bürokratisch. Überdies habe sich die UNESCO nicht beschwert, als bereits zu einem früheren Zeitpunkt Gebäude in Hampi angetastet worden seien. Fritz vermisst bei den laufenden Bauarbeiten den Willen zum Erhalt der historischen Stätte. Der Abriss der historischen Steinstruktur hätte leicht vermieden werden können.

Die indische Denkmalschützerin Abha Narain Lamba hält die Straßenerweiterung in Hampi für unnötig. "Es ist ja kein Großstadtgebiet, in dem es häufig Verkehrsstaus gibt." In historischen Vierteln der Nachbarstadt Hyderabad hätten solche Vorhaben bereits dazu geführt, dass viele alte Fassaden für immer verloren seien.

Ihrem Kollegen Vikas Dilawari zufolge ist Hampi ein gutes Beispiel für die Vernachlässigung der indischen Kultur. "Ein Konzept für Investitionen in die Kultur gibt es in diesem Land nicht, weil man keinen unmittelbaren Nutzen erkennt." Dilawari spricht der Zentralregierung, den Bundesstaaten und lokalen Behörden zudem die Fähigkeit ab, den Schutz der historischen Stätten gemeinsam zu koordinieren.


Koordinierungsprobleme

In Indien steht ein Teil der Denkmäler unter dem Schutz der Regierung in Neu-Delhi. Für andere Stätten sind die Bundesstaaten verantwortlich. Im Fall von Hampi sind gleich mehrere Stellen zuständig: eine Abteilung des Kulturministeriums und die Behörde für Archäologie des Bundesstaats Karnataka.

Da die historischen Gebäude in Hampi über eine große Fläche verteilt sind und aus unterschiedlichen Epochen stammen, wurde auch eine lokale Behörde eingeschaltet, wie Himanshu Prabha Ray, Vorsitzender der Behörde für Nationale Denkmäler (NMA), erläutert.

Laut Dan Thompson, der das 'Global Projects and Global Heritage Network' (GHN) leitet, muss Indien mit Schwierigkeiten von Seiten der UNESCO rechnen, weitere 33 historische Stätten auf die Liste des Welterbes zu setzen. Weltweit stehen zurzeit 44 Stätten auf der Roten Liste, und alles deutet darauf hin, dass Hampi in Kürze dazu kommen könnte. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://whc.unesco.org/
http://www.unesco.de/rote-liste.html
http://ghn.globalheritagefund.org/
http://www.ipsnews.net/2013/08/part-of-indian-heritage-site-bulldozed-for-a-road/

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IPS-Tagesdienst vom 12. August 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. August 2013