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ANTIQUARIAT/118: "Duck Stories" von Daan Jippes (SB)


Daan Jippes


Duck Stories (1)



An einem Tag im Jahr steht ganz Entenhausen im Zeichen der Nächstenliebe. Sämtliche Vereine der Stadt wetteifern darum, wer wohl am meisten für die Ärmsten tut - darunter auch eine ausgesprochen exclusive Vereinigung ...


Die "Liga der Wohltäter", so nennt sich diese im Zeichen der Nächstenliebe operierende Organisation, hat neben lokalen Größen wie dem Großindustriellen Martin Mehrwert oder Bankier Klaubmeier auch ein Mitglied in ihren Reihen, das man in solch illustrer Gesellschaft nicht unbedingt erwartet hätte: Donald Duck. Sehr zum Leidwesen seiner Neffen übrigens, denn ihr Onkel kann sich den horrenden Mitgliedsbeitrag eigentlich gar nicht leisten und hat schon die gesamte Wohnungseinrichtung versetzt, nur um sich mit dem "Wollhut der Wohltäter" großtun zu können. Und Wohltätiges, da sind sich Tick, Trick und Track einig, ist von diesem Club nicht zu erwarten. "Wohltaten tut die Liga sowieso keine! Die rufen nur immer in mächtig geschwollenen Reden dazu auf!" Sie selbst hingegen sind lieber praktisch tätig und tragen alte Kleider für die Armen zusammen, die am Tag der Nächstenliebe verteilt werden sollen.

Donald plagen indes profunde Sorgen: Ihm fehlen noch zehn Taler zu seinem heute fälligen monatlichen Mitgliedsbeitrag. Zahlt er nicht pünktlich, folgt unweigerlich der schmachvolle Ausschluß aus der Liga. Obwohl ihn Gewissensbisse plagen, vergreift er sich daher am Sparschwein der Neffen, in dem diese ihren Mitgliedsbeitrag für das Fähnlein Fieselschweif lagern. Da Tick, Trick und Track just in diesem Moment nach Hause kommen, versteckt er das Geld rasch in seiner Matrosenmütze und wirft sie zu den bereits gesammelten alten Kleidern seiner Neffen in den Schrank ...

Unterdessen hat sich ganz Entenhausen auf dem Festplatz versammelt - die wohlhabendere Hälfte davon auf der Tribüne - um den "Tag der Nächstenliebe" zu zelebrieren. Mit besonderer Freude wird da etwa die Anwesenheit der Liga der Wohltäter vermeldet, "der wir so viele unvergeßliche Worte im Kampf gegen die Armut verdanken", die Mitglieder des Hausfrauenclubs stricken im Akkord einen 15 Kilo schwerden Schal, und die Gattin des Bürgermeisters unternimmt eine Ballonfahrt, "um symbolisch zu demonstrieren, daß die Stadt die Armen immer im Auge behält". Der unbestrittene Höhepunkt des Festes ist jedoch der "Sturm auf den Kleiderberg", bei dem die Bedürftigen, angefeuert durch Sprüche wie: "Und denkt daran: Wer nicht kommt zur rechten Zeit, der muß nehmen, was übrig bleibt!" zum größten Amüsement der Wohlhabenden um die Wette in den Kleidern herumwühlen dürfen.

"Wie amüsant! Prügeln sich um eine verlauste Mütze! Nur gut, daß man selbst Stil hat! Und Geld ..." raunt ein wollbemütztes Liga-Mitglied seinem Nachbarn zu. Der Leser sieht sofort: Es ist Donalds Mütze, um die es da geht, und bei der zerlumpten Frau, die da wie besessen um die Mütze kämpft, handelt es sich um niemand anderen als Donald, der, als er bemerkte, daß die Kinder mit den Altkleidern zusammen versehentlich auch seine Mütze mitgenommen haben, keinen anderen Wag sah, als sich zu verkleiden um sie wiederzubekommen. Man kann sich denken, daß es durch Donalds verzweifeltes Bemühen zu allerhand Zwischenfällen kommt, u.a. bringt er den Ballon mit der Bürgermeistersfrau zum Absturz, und daß die Geschichte - er ist schließlich der Pechvogel - nicht gerade zu seinen Gunsten ausgeht. Aber das Ende soll hier nicht verraten werden.


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Neben dieser, nicht nur wegen ihres Umfanges und der Ähnlichkeit der Zeichnungen, sondern vor allem aufgrund der Lebendigkeit ihrer Figuren und des Erzählstils an die klassischen "Tenpager" von Carl Barks erinnernde Geschichte, enthält der erste Band der "Duck Stories von Daan Jippes" noch drei weitere, an denen er entweder als Autor, Zeichner oder Tuscher beteiligt war, sowie eine, die vollständig von ihm stammt. Daan Jippes ist einer der beliebtesten zeitgenössischen Disney-Zeichner und zählt zu denjenigen, in deren Werken Barks Stil wiederaufzuleben scheint.

Daan Jippes, 1945 in Amsterdam geboren, gestaltete bereits in den 60er Jahren seine erste eigene Comic-Serie. In den 70ern beschäftigte er sich mit der Zeichenkunst von Carl Barks und erstellte erste Arbeiten für die Donald Duck-Heftausgaben; 1975 wurde er Art Director der Duck-Hefte. Neben der Erstellung der Szenarios für eigene Produktionen setzt der seit 1980 in den USA lebende Jippes von Barks gescribbelte Vorlagen in Tuschezeichungen um.

Mit einer fünfbändigen Reihe (2001-2002) würdigte der Ehapa Verlag den Zeichner. Die chronologisch konzipierten Bände enthalten u.a. in Deutschland bis dahin unveröffentlichte Geschichten.

2. April 2009


Duck Stories (1)
von Daan Jippes
Ehapa Comic Collection, Oktober 2001
48 S., Softcover, farbig, damaliger Preis DM 16,80
ISBN 3-7704-2160-4