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ANTIQUARIAT/088: Asterix Mundart (1) "Dr große Graba" von Uderzo (SB)


Albert Uderzo


Asterix Mundart

Band 1 "Dr große Graba" (Schwäbisch)



Irgendwo em Ländle, emma kloena Flecka, wo grad so aussieht wia der vom Asterix, isch alles ganz friedlich ...


So beschaulich beginnt "Dr große Graba", die Geschichte um ein zerstrittenes Gallier-Dorf ("Der große Graben", 25. Album der Asterix-Reihe). Dieses Album leitete 1995 die erfolgreiche Mundart-Reihe ein, in der seither bekannte Asterix-Geschichten in verschiedenen Mundarten erscheinen - bisher gibt es 62 Bände, ein Ende ist nicht abzusehen. Grund genug, sich jenes erste Album einmal genauer anzusehen.

So originell wie der Text zu "Büchle 1" ist auch sein Ursprung, denn vor seiner kommerziellen Verwertung diente die Übersetzung als eine Art Sprachkursus. Der Tübinger Student Klaus-Dieter Schmid schrieb sie für einen neu zugezogenen Kommilitonen, der an den vielen, für ihn unverständlichen mundartlichen Begriffen schon fast verzweifelt war. Der Lernerfolg war beachtlich, der Freund begann die Grundlagen des Schwäbischen zu erfassen und wagte sich wieder unter die Menschen.

Es ist schon erstaunlich, welch belebende Wirkung die Übertragung des Textes in einen Dialekt hat. Schon nach den ersten Bildern stellt man fest, daß die mundartliche Sprache mit ihren teilweise recht deftigen Ausdrücken und die kauzigen Gestalten Uderzos sich ausgezeichnet ergänzen. Von dem Dialekt geht eine geradezu urige Gemütlichkeit aus. Auch wenn man, wie wahrscheinlich die meisten Asterix-Fans, das Album schon kennt, kommt es einem wie neu vor. Erfreulich ist auch das Erscheinungsbild, denn die schwäbische Übersetzung ist im Gegensatz zur hochdeutschen Fassung handgelettert.

Wenn etwa Griesgramix, der von der einen Dorfhälfte gewählte Häuptling, in der hochdeutschen Fassung sinniert: "Auch wenn es denen da drüben nicht gefallen will, der unumstrittene Häuptling des Dorfes bin ich!", so klingt das etwas steif (Seite 5). Auf schwäbisch babbelt er: "Ao wenn's dene do dromma et paßt, dr wirkliche Häuptling ben i!" Das kauft man ihm ab. Auch bei anderen Gelegenheiten erweist sich der Dialekt als sehr treffend, zum Beispiel, wenn die zerstrittenen Dorfbewohner aufeinandertreffen: "Hört nicht auf Grobianix, der große böse Wolf will euch doch nur rupfen, bis zu den Flügeln eurer Helme!", heißt es da auf hochdeutsch (Seite 8). - "Höret et uf da Grobianix, des saubere Früchtle mecht euch blos rupfa, bis zu de Flügel von eure Helm!" klingt an dieser Stelle überzeugender, zumal man sich fragt, was der 'große böse Wolf' an dieser Stelle zu suchen hat.

Hier noch einige weitere Kostproben für gelungene schwäbische Entsprechungen von Texten:

"Es ist nicht schön, an Fußböden zu lauschen!" - "Es ist vielleicht nicht schön, aber dafür aufschlußreich!"

"Desch aber et schee, am Boda horcha!" - "Schee et, aber mr hört' interessante Sacha!" (Seite 13)


"Schweig, undankbare Tochter! Ich laß' dich in dein Zimmer sperren, und du wirst erst dann wieder herauskommen, wenn du die Frau vom Greulix wirst!"

"Halt dei Gosch, odankbare Denge! I schperr de en dei Zemmer, ond du kommsch erscht wieder raus, wenn de am Greulix sei Weib wirsch!" (Seite 15)


"Ich breche noch zur Stunde auf, um Greulix zu suchen, und beim Teutates, ich schwöre es, ich führe Grienoline heim."

"I mach me glei uf d' Socka ond suach da Greulix, ond i schwör dr, i führ d' Grienoline hoem verdammt nomol!" (Seite 41)


"Uff! Jetzt, wo der Alptraum vorüber ist, möchte ich nie mehr was von Galliern und Sklaven hören!"

"Uff! Jetzat wo der Kladderadatsch rom isch, will i nie meh ebbes von Gallier ond Sklava höra!" (Seite 43)


Wie in vielen Übersetzungen gibt es auch in dieser Stellen, an denen die Neufassung den Inhalt nicht so gut trifft wie die vorherige. Manchmal opfert der Autor eine differenzierte Aussage einem urtypischen schwäbischen Spruch. So sagt zum Beispiel Miraculix nach einer Dorf-Schlägerei, deren Zentrum und Ausgangspunkt Verleihnix mit seinen vergammelten Fischen ist: "Mit am Verleihnix seine Fisch isch es au nemme des!" (Seite 12). Die hochdeutsche Fassung "Mit den Fischen von Verleihnix wird man sich bald nicht mehr verlustieren können!" paßt besser zur Gestik Miraculix' und insgesamt zur Persönlichkeit des weisen Druiden, der sich in der Originalfassung stets sehr gewählt ausdrückt.

Ein etwas krasseres Beispiel findet sich auf Seite 15, wo Greulix, der heringsgesichtige Berater von Häuptling Grobianix, diesem nach einem Wutanfall rät: "No nix narrets, Grobianix! 'Mit Geduld ond Schpucke fangt mr manche Mucke!'" und im nächsten Panel mit einem Seitenblick zum Leser sagt: "Gell, do glotzat er, wo e des wieder her han!" In der hochdeutschen Fassung heißt es dagegen: "Nichts überstürzen Grobianix! 'Geduld und Zeit bringen mehr als Gewalt und Streit!'" und im Anschluß zum Leser: "Hoffentlich verlangt da keiner einen Quellennachweis!" Hier versteht man die Pointe. In der schwäbischen Übersetzung ist untergegangen, daß es sich eigentlich um einen "gebildeten" Spruch handelt, weshalb auch die Bemerkung im nächsten Bild keinen Sinn mehr macht.

Verbesserungswürdig ist auch die "Wörterliste" am Anfang des Albums. Manche Begriffe, wie zum Beispiel "Soifasiader", "Bachel", "Huatsempel" oder "Gribbel" sucht man in ihr vergebens. Bedauerlich ist auch, daß sich in dieser Liste ausschließlich die Übersetzungen finden, die in der hochdeutschen Fassung des Asterix-Albums stehen. Das sind aber nicht unbedingt die korrekten schwäbischen Entsprechungen, sondern sie geben oftmals nur die etwas freiere - oder auch leicht unkorrekte - Übersetzung wieder. So heißt zum Beispiel "domm gloffa" "dumm gelaufen" und nicht "verzwickte Lage" wie in der Wörterliste. Und "omasooscht" heißt, wie man sich schon fast denken kann "umsonst" und nicht "ungerechtfertigt".

Eine weitere kleine Ungenauigkeit liegt in dem Ausdruck "ha no", der in der Wörterliste mit "na ja" verzeichnet ist. Im Schwäbischen wird der Ausdruck allerdings eher für einen Ausruf der Überraschung wie "Na sowas!" oder der Mißbilligung "Aber nicht doch!" verwendet.

Die "Kehrwoch", die eigentlich die in einem Mehrparteienhaus übliche Aufteilung des Treppeputzens unter den Mietern bezeichnet, ist auch so ein Fall. Schmid hat dieses Wort durchgängig für so ziemlich alle anfallenden unangenehmen und groben Arbeiten verwendet. Bei einem Vergleich mit der hochdeutschen Ausgabe kann man feststellen, daß hierdurch einige sprachliche Feinheiten verlorengingen. So steht "Kehrwoch" unter anderem für "Latrina putzen" oder "Kothurne putzen" (beide Seite 18). Der Spruch "Schluß mit der Kehrwocha-Legion!", der auf einem Protestplakat auftaucht, heißt in der Vorlage "Nieder mit der Putzfrauen-Legion!" (Seite 19); "d' Kehrwoch vom ganza Lager macha" ist die Übersetzung für "die schlimmsten Strafarbeiten des ganzen Lagers machen" (ebenfalls Seite 19) "Jetzt isch Schluß mit dr Kehrwoch!" (Seite 21) meint "Jetzt sind die Weiberarbeiten endlich vorbei!". Für "Du machsch ab jetzt d' Kehrwoch für's ganze Lager!" (Seite 43) steht im Hochdeutschen: "Du sollst einen Posten kriegen, den du nicht so bald wieder verlassen wirst!"

Dennoch: Trotz kleinerer Schwächen ist "Dr große Graba" ein ausgesprochen lesenswertes Album für Schwaben und Nichtschwaben. Auch wenn man die Geschichte bereits auf hochdeutsch kennt, tut das dem Vergnügen keinen Abbruch.

23. Juni 2008


Asterix Mundart Band 1
"Dr große Graba" (Schwäbisch)
von Albert Uderzo, schwäbische Übersetzung Klaus-Dieter Schmid
Ehapa Verlag, Stuttgart, 1995
48 Seiten, Hardcover, farbig, damaliger Preis 16,80 DM
ISBN 3-7704-0466-1