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ANTIQUARIAT/076: "Merlin" von Joann Sfar und Jose Luis Munuera (SB)


Joann Sfar, Jose Luis Munuera


Merlin

Band 1 "Schinken und Schnittchen"



Vor langer, langer Zeit, da lebte auf der magischen Insel namens England der Zauberer Merlin. Doch einige Jahre, bevor er Zauberer wurde, war Merlin ein Kind wie ihr und ich ...

An dieser Stelle setzt die Serie von Joann Sfar (Autor) und Jose Luis Munuera (Zeichner) über den Zauberer Merlin an. Sfar und Munuera, bei uns durch ihren Dreiteiler "Die Potamoks" bekannt geworden, fügen den zahlreichen Geschichten, die über den legendären Zauberer existieren, eine weitere hinzu. In ihrer Version geht es darum, was der mächtige Magier wohl erlebt haben mag, als er noch ein kleiner Junge war.

Neben ihrer Phantasie haben die beiden dabei ihren Erinnerungen an eigene Lausbubenstreiche freien Lauf gelassen und diese erfrischend frech und lebendig in herrlich komische Bilder umgesetzt, die mit Sicherheit nicht nur jüngeren Lesern gefallen, sondern auch Erwachsene in ihren Bann ziehen.


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Merlins Odyssee beginnt damit, daß das Gespräch in seiner Freundesclique auf ihre Väter kommt. Alle geben mächtig an, so daß der kleine Merlin, von dem alle wissen, das er keinen Vater hat, sich genötigt sieht, mitzuhalten und kurzerhand behauptet, sein Vater sei der Teufel: "Ja, bei meiner Geburt hatte ich ein Fell, genau wie mein Vater und meine Mutter hat deshalb so geweint, daß die Haare alle ausgefallen sind und darum sehe ich normal aus, aber ich bin ein großer Zauberer!"

Alles brüllt bei dieser Vorstellung vor Lachen und Merlin wird allmählich sauer: "Ach, ihr glaubt mir nicht? Wenn das so ist, werde ich euch alle in Ziegen verwandeln!! Tollkirschwurz und Frühstücksflocken, bei meinem Bart und meinen Pocken: Euch sprieße Fell bis in die Socken. Meckert, mäht, gebt Milch! Und zack!"

Da Merlin nicht die leiseste Ahnung von Magie hat, zeigt sein Zauberspruch dementsprechend auch nicht die geringste Wirkung. "Es klappt nicht, weil ihr nicht dran glaubt!" ruft er, doch das Gespött wird immer größer, so daß der Junge nur einen Ausweg sieht: "Idiotenbande! Ihr werdet schon sehen! Der tiefe Wald soll meine Zuflucht sein. Dort studiere ich die Geheimnisse des Teufels!"

Gut, daß der Steppke gleich zu Beginn seiner Mission das sprechende Schwein Schinken kennenlernt, das steif und fest behauptet, ein verwunschener Zauberer zu sein. Doch noch bevor sie sich näher kennenlernen können, begegnen die beiden dem Töchterchen des Grafen Noctiflore, die die beiden kurzerhand im Finsteren Wald aussetzen läßt, weil sie schuld daran sind, daß ihr Pferd sie abgeworfen hat. Dort treffen sie den gefürchteten Oger Schnittchen, der eigentlich ein kindermordender Kannibale ist, von Merlin und Schinken jedoch bekehrt wird und dessen größter Wunsch es nun ist, lesen zu lernen. Er komplettiert das Trio, das fürderhin seine Umwelt das Fürchten lehrt. Ihre erste Mission führt die drei ins Schloß des Grafen Noctiflore, denn sie wollen seiner Tochter das gleiche Schicksal angedeihen lassen, wie sie es tat ...

Wie gesagt, diese Geschichte wird nicht nur jüngeren Lesern gefallen. Die skurrilen Gestalten, allen voran das Schwein Schinken mit seinem ausdrucksstarken Gestus, machen vor keiner Altersgrenze halt, und die flott erzählte Geschichte dürfte auch der Elterngeneration noch so manchen Schmunzler entlocken.

Auf dem Comic-Salon in Sierre/Schweiz wurde "Merlin" als "Bestes Jugend-Album 1999" ausgezeichnet. Von der Serie sind bis jetzt sechs Bände erschienen.

Empfehlenswert.


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JOANN SFAR wurde 1971 in Nizza geboren. Nach einem Studium u.a. der Philosophie und der Malerei hatte er erste Veröffentlichungen in dem von der französischen Künstlervereinigung L'Association herausgegebenen Magazin "Lapin". Seine erste Albenreihe "Petrus Barbygère" entstand 1996 in Zusammenarbeit mit Pierre Dubois. Gemeinsam mit Jose Luis Munuera entstanden "Die Potamoks" und "Merlin", mit Lewis Trondheim schuf er Serie "Donjon" (alle bei Carlsen). Joann Sfar arbeitet zusammen mit einigen Comic-Zeichnern in einem gemeinsam geführten Atelier.

JOSE LUIS MUNUERA wurde 1972 in Südspanien geboren. Sein Studium für angewandte Kunst brach er nach fünf Jahren ab, weil er, wie er sagt, mehr lernen wollte als Marcel Duchamp zu kopieren. Munueras Vorbilder sind Jean Giraud und Uderzo. Seine erste eigene Serie, "Die Potamoks", mit der auch seine Zusammenarbeit mit Joan Sfar begann, wurde viel gelobt.

17. März 2008


Merlin (1) "Schinken und Schnittchen"
Carlsen Verlag, Hamburg, Oktober 1999
Sfar/Munuera
Joann Sfar, Jose Luis Munuera
48 S., farbig, Softcover,
ursprünglicher Preis DM 14,90, neuer Preis 8,- Euro
ISBN 3-551-74411-4