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ANTIQUARIAT/056: "Atalante" von Didier Crisse (SB)


Didier Crisse


Atalante

Band 2 "Nautiliaa"



Es herrscht die Epoche der Mythen und Sagen in Griechenland. Von dieser Zeit sind uns nur Legenden überliefert, wie sie schillernder und bezaubernder nicht sein könnten. Diese hier handelt von der einzigen Frau, die die Argonauten begleitete: Atalante.

Weil sie nur ein Mädchen war, wollte ihr Vater die kleine Atalante gleich nach ihrer Geburt töten. Eine Priesterin warnte ihn jedoch vor dem Zorn der Götter und so ließ er das Kind lediglich in den Bergen aussetzen. Dort wurde das Mädchen mit den Gaben von vier Göttinnen beschenkt und wuchs unter der Obhut von Tieren und Faunen auf. Als eines Tages Menschen in die abgelegenen Wälder eindrangen, mußte Atalante sich entscheiden, auf wessen Seite sie kämpfen wollte. So hüllte sie sich in ein ebenso enganliegendes wie knappes Kampfgewand, in dem sie - was für ein Zufall?! - trotz aller Weltfremdheit und Menschenfeindlichkeit annähernd 100prozentig dem comicgewordenen Frauenideal der männlichen Vertreter ihres Geschlechts entsprach, und suchte fortan nach ihrer wahren Bestimmung.

Im zweiten Band der Serie begleitet die junge Atalante, die von den Göttern zwar mit Kraft und Schnelligkeit beschenkt wurde, dafür jedoch auch dazu verdammt ist, sich niemals verlieben zu können, Jason und seine bunt zusammengewürfelte Mannschaft, die auf der Suche nach den sagenhaften Ländern und dem Goldenen Vlies sind. Atalante will zu den Amazonen, weil sie hofft, dort ihren Platz und innere Ruhe zu finden. Die Abenteurer finden zwar weder das Vlies noch die Amazonen, dafür stoßen sie aber auf eine Insel, auf der es keine Männer mehr gibt. Wie sich bald herausstellt, hatten die Männer ihre Frauen schlecht behandelt, so daß diese Poseidon um Hilfe baten. Doch die Strafe des Meeresgottes traf alle - auch die Gutherzigen und Sanftmütigen unter den Männern. Eines Abends trifft Atalante die junge Nautiliaa, die um ihren Geliebten trauert und beschließt, ihr zu helfen ...


*


Mit der Serie "Das Kristallschwert", die er nach einem Skript des Fantasy-Autors Jacky Goupil zeichnerisch umsetzte, hatte Didier Chrispeels bereits sein ideales Szenario gefunden, da er, wie er in einer Eigenanalyse herausgefunden hatte, am liebsten hübsche Mädchen zeichnete und es am meisten haßte, Bildrecherchen für Gebäude und technisches Design zu betreiben. Nachdem die Geschichte mit Band fünf ihr Ende erreicht hatte, unternahm Crisse einen Streifzug durch verschiedene Genres; er kreierte unter anderem den Mystery-Thriller "Perdita Queen", die SF-Serie "Kookaburra" und betrat mit "Tellos" den amerikanischen Markt, ehe er mit "Atalante" zu seiner alten Liebe, der Heroic Fantasy, zurückkehrte.

"Ich hatte eigentlich vorgehabt, etwas über die Mythen der Indianer zu machen oder vielleicht ein Samurai-Märchen, aber ich fand irgendwie keinen richtigen Ansatz. Aus Zufall fiel mir ein Handbuch der griechischen Mythologie in die Hände, und bei der Erzählung über Jason und die Argonauten stolperte ich über etwas, das mir neu war: es gab noch eine alternative Fassung dieser Geschichte, die nicht so populär wurde wie die allgemein bekannte, und in dieser Fassung kam eine Heldin mit dem Namen Atalante vor. Die Argonauten-Sage hatte es ja nun weiß Gott schon bis zur Neige in Filmen und Comics gegeben, aber das Vorhandensein einer Frau in ihrer Mitte ließ plötzlich eine völlig neue Perspektive aufkommen. Atalante war zwar eher eine Nebenfigur - aber ich war mir sicher, sie würde eine großartige Hauptdarstellerin abgeben." (Fantasy-Magazin "Magic Attack" 01/2001)

Neben den hübschen Mädchen sind Crisse bei dieser Geschichte noch zwei andere Dinge wichtig: Das mediterrane Ambiente und die positive Grundstimmung, die dadurch entsteht. "Das wird in Band zwei besonders deutlich", meint er, "die Ereignisse selbst mögen manchmal gräßlich werden, aber über allem dominiert ein träumerisches, lebensbejahendes Gefühl, das durch die Sonne, die üppige Natur, den blauen Himmel und das Meer reflektiert wird." (Zitat siehe oben)

Die Umsetzung dieses Gefühls ist Crisse tatsächlich gelungen. Wer also auf der Suche nach einem leichtverdaulichen, unterhaltsamen Fantasy-Abenteuer mit Mittelmeer-Flair ist, kommt mit "Atalante" wohl auf seine Kosten.

22. Oktober 2007

Atalante (2) "Nautiliaa"
von Didier Crisse
Carlsen Verlag, Hamburg, Dezember 2002
48 Seiten, Softcover, farbig, 10,- Euro
ISBN 3-551-74827-6


(In gleicher Ausstattung: Band 1 "Der Pakt" ISBN 3-551-74826-8)